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Inhalt – Philosophisches

Lust und Ojas

Die Katha-Upanisad sagt: “Kein vernunftbegabter Mensch wird sich an Langlebigkeit erfreuen, der die Vergänglichkeit des irdischen Lebens erkannt hat und dem klargeworden ist, daß Sinnesfreuden eine Illusion sind, flüchtig und nur eine Reizung des Nervensystems. Wie lange auch immer ein menschliches Leben dauern mag, am Ende muß er sterben.”
Und: “Wer aber das Angenehme wählt, die Sinnesfreuden, verliert das Ziel des Lebens und ist Elend, Kummer und Schwierigkeiten unterworfen.”
Weiter: “Die Weisen, die sich der ewigen Glückseligkeit des atman erfreuen, kümmern sich nicht um die kleinen Sinnesfreuden. Die Gesamtsumme aller Vergnügungen dieser Welt ist nur ein Tropfen, verglichen mit dem Ozean der Glückseligkeit des atman. Sie wissen, daß die Sinnesobjekte die Feinde des atman sind. Sie sind sich voll bewußt, daß die Sinnesobjekte der Selbstverwirklichung im Wege stehen. Daher geben sie radikal die Wünsche nach Kindern, Reichtum, sogar Himmel etc. auf. Wird irgendjemand Melasse und Beeren essen, wenn er Kandiszucker und Mangos in Fülle hat?”

Epikur hingegen sagt: “Daher macht die richtige Erkenntnis, dass der Tod keine Bedeutung für uns hat, die Vergänglichkeit des Lebens zu einer Quelle der Lust, indem sie uns keine unbegrenzte Zeit in Aussicht stellt, sondern das Verlangen nach Unsterblichkeit aufhebt. […] Das schauerlichste aller Übel, der Tod, hat also keine Bedeutung für uns; denn solange wir da sind, ist der Tod nicht da, wenn aber der Tod da ist, dann sind wir nicht da.”
Und: Der Mensch “hat seinen Begierden Grenzen gesetzt; er ist gleichgültig gegen den Tod; er hat von den unsterblichen Göttern, ohne sie irgendwie zu fürchten, richtige Vorstellungen; er nimmt keinen Anstand, wenn es so besser ist, aus dem Leben zu scheiden. Mit solchen Eigenschaften ausgerüstet, befindet er sich stets im Zustand der Lust. Es gibt ja keinen Augenblick, wo er nicht mehr Genüsse als Schmerzen hätte.”

Diese Ansicht aber ist ganz unvollständig. Epikur bemerkt offenbar nicht, daß ‘seine Lust’ sich als Vitalitätsprinzip fortsetzt auch im Tod, daß sie zuerst eine transzendente, feinstoffliche Kraft ist, die vor der Lust im Hiersein eigentliche und originäre Lust oder Beglückung ist und zugleich aber alles Hiersein (alles Vermögen zur Freude) in ihrer Energetik grundlegend übersteigt. Wahrlich ist daher der Tod nicht zu fürchten! Wir sind zuletzt konfrontiert mit einer Kontinuität dieser Kraft, die kumuliert in der allumfassenden Schwingung der (transzendenten) Liebe. Das indische Konzept des Ojas als subtiler Antriebskraft zeigt auf, daß Lust und Lebensenergie im Tieferen eine Seins-Apriorie meinen, es definiert sich als Kraft, Stärke, Lebensfrische, Vitalität, Energie. Es ist gerade auch “umgewandelte Sexualenergie; voll Licht und Glanz. Im Ayurveda ist Ojas das feinste Produkt des Verdauungsprozesses, die feinste Essenz unserer Nahrung und befindet sich nicht mehr auf der materiellen Ebene.” ( Yogawiki)
Man kann auch sagen: Die Scheidung von Leben und Tod wird relativiert in höherer energetischer Ansicht und Seinsart. Das Weltliche – genommen als Symbol und Propädeutik hierzu – ist daher nicht von Übel, schließlich taugt das Weltliche als das gegenwärtige Erleben gerade zur Anreicherung von Ojas als subtiler, essentieller und über-biographischer Kraft zum Erlangen des eigentlichen Seins.
Wer atman anstrebt, der kann im Kleinen somit schon das Große ergreifen. So sind Lust und Freude angesichts des Numinosen weder zu verwerfen noch sind sie nur erreichbar ohne Integration des Numinosen in die Endlichkeit. Dies nenne ich auch einen tantrischen Einspruch, denn der Tantrismus verweist passend auf eine Untrennbarkeit des Relativen und des Absoluten. “Der Tantrismus betont die Identität von absoluter und phänomenaler Welt. Das Ziel des Tantrismus ist die Einswerdung mit dem Absoluten und das Erkennen der höchsten Wirklichkeit. Da angenommen wird, dass diese Wirklichkeit energetischer Natur ist und Mikrokosmos und Makrokosmos verwoben sind, führt der Tantrismus äußere Handlungen als Spiegel innerpsychischer Zustände aus. Da Geist und Materie als nicht vollständig geschieden angesehen werden, ist der hinduistische Tantrismus diesseitsbejahend und benutzt psycho-experimentelle Techniken der Selbstverwirklichung und Erfahrung der Welt und des Lebens, deren Elemente als positive Dimensionen erfahren werden sollen, in denen sich das Absolute offenbart. ” (Wikipedia)

Zum Disparaten

Die Katha Upanisad sagt: “Wenn in dieser Weise Sinne, manas (Intellekt) und der große atman, d.i. hiranya-garbha, in das höchste Selbst (para-brahman) eingegangen und mit Ihm verschmolzen sind, erfährt man ewige Glückseligkeit und immerwährenden Frieden. Man erreicht moksa, die endgültige Befreiung, und wahres Wissen um das Selbst. Genau wie das Wasser eine Fata Morgana, die Schlange in dem Seil und die blaue Farbe des Himmels verschwinden, wenn man die wahre Natur der Fata Morgana, der Schlange und des Himmels gesehen hat, so verschwindet auch diese Scheinwelt aus Namen, Formen und karma, die Welt aus Handelndem, Handlung und deren Früchten – die letztlich nur aus falschem Wissen entstanden ist -, wenn man das Wissen um den atman gewonnen hat.
Uttisthata – erhebt euch, o Menschen, aus dem Morast des samsara! Wendet euch spirituellem Wissen zu, dem Wissen des atman, des höchsten Selbst! Denkt nicht mehr an die weltlichen Dinge! Jagrata – erwacht aus dem Schlummer der Unwissenheit, zerstört den Schlaf der Unwissenheit, den Samen allen Elends!”

Volkmann-Schluck über den Neuplatonismus: “Die Vielheit ist die Weise, wie das unterscheidende Denken das ursprünglich Eine und Ganze, das unteilbar Innerliche, begegnen läßt.”

“Was hier ist (sichtbar in der Welt), genau das ist dort (unsichtbar in brahman), und was dort ist, genau das ist hier. Wer hier einen Unterschied sieht (zwischen brahman und der Welt), der geht von Tod zu Tod.”
“Genau wie eine Welle dem Wesen nach nicht verschieden ist von dem Ozean, genau wie ein goldenes Schmuckstück nicht nach dem Wesen nach verschieden ist vom Gold, so ist auch die manifeste Welt nicht dem Wesen nach verschieden von brahman. Der Unterschied liegt nur im Namen. Wie eine Schlange in dem liegenden Seil erscheint, so erscheint diese Welt, die aus Name, Form und Handlung (nama, rupa, kriya) besteht, in brahman – durch avidya (Unwissenheit) und maya (Illusion).
Mrtyoh sa mrtyumapnoti – wer nur den geringsten Unterschied zwischen diesen beiden sieht, geht von Tod zu Tod – durch Unwissenheit, d.h. Mangel an Wissen um das Selbst. Wer glaubt: ‘Ich bin verschieden von brahman‘, wird wiedergeboren und stirbt. Wer aber denkt und fühlt: ‘Ich bin wahrhaftig das alldurchdringende, unsterbliche saccidananda-brahman, gewinnt Unsterblichkeit. Brahman ist Seiner Natur nach kompaktes, ewiges Wissen (nitya vijnanaghana svabhava). Es ist frei von den Attributen des samsara (sarva-samsaradharmavarjita). Die höchste Seele, brahman, ist identisch mit dem Individuum und mit der ganzen Schöpfung. Wenn man die grundlegende Einheit allen Seins nicht begreift und verwirklicht, ist das die Ursache von Wiedergeburt.”

Wie kann aber im Disparaten, im Niederen und Schlechten überhaupt Einheit sichtbar werden?
Volkmann-Schluck über den Neuplatonismus: “Das Urbild-Abbild-Verhältnis von intelligibler und sinnlicher Welt bedeutet also, daß die Sinnendinge von ihrem Seinsgehalt getrennt sind, weil sie nicht aus sich selbst sind. ‘Sein’ erfährt aber erst dort seine Bedeutungserfüllung, wo es die Lebendigkeit des Aus-sich-selbst- seins meint, wie im Nous. Das Fürsichsetzen rührt von dem Verfallen des Seinsverständnisses in die zerstreut zerstreuende Abbildsphäre der Sinnendinge her. Das wirklich Seiende befindet sich in der Einheit von Usia und Leben, sofern es die eigentliche Selbstverwirklichung ist.”

Man kann auch sagen: Das Disparate ist die Abbildung einer Un-Einheit von geistiger Substanzialität und reduzierender Entfaltung im hiesigem Dasein. Der Prozeß des Zu-Sich-Kommens des Weltlichen, Entfernten zum Geist/ zum hohen Selbst kann in verschiedenster Form – zumeist ja ganz unbewußt – als Lebensdefinition per se dienen, was heißt, das Leben dem Bereich des rajas (im Sinne von Aktivität, Unruhe, Trieb, Bewegung, Auseinandersetzung) zuzuordnen. Erst in der Überwindung des sogenannt Lebensvollen als Auseinandersetzung des eigenen Entferntseins mit der geistigen höheren Selbstheit ist Übereinkunft von geistiger Anlage und Dasein und somit Erfüllung. Diese wird im Leben möglich im Bewußtsein und in Bewußtwerdung über die Findung der Aktivitäten eben zur Überwindung dieses Mißverhältnisses. Im äußeren Bild zeigt sich dies in einer ruhevollen, konzentrierten und ausgerichteten Lebensart.


Brahman, Plotins Das Eine

Die Katha-Upanisad sagt: “Du kannst brahman nicht kennen, wie du ein Objekt kennst. Brahman wird erkannt oder verwirklicht, nicht als ein Objekt, sondern als reines Selbstbewußtsein – durch Intuition, innere Erfahrung oder Erleuchtung. In dieser spirituellen Erfahrung gibt es kein objektives Bewußtsein, so wie du es in dieser Welt erfährst. Subjekt und Objekt sind eins in der spirituellen Erfahrung. Das Selbst bzw. brahman ist alles. Der Erleuchtete nimmt den atman überall wahr.
Sarvam khalvidam brahma – ‘alles ist wahrhaftig brahman‘. Dies ist eine höchst verfeinerte, die Seele bewegende Erfahrung, die man sich weder vorstellen noch in Worten beschreiben kann. Du musst sie selbst in samadhi erfahren, wenn mana, Intellekt und Sinne aufhören zu wirken.”

“Derjenige, der denkt, daß er brahman nicht kennt, verfällt nicht dem Irrtum, daß brahman zu einem Gegenstand vollständigen mentalen Verständnisses gemacht werden kann. Wer aber denkt, daß er brahman kennt, hat kein Wissen über brahman, denn er unterliegt dem Irrtum, daß brahman vollständig geistig erfasst werden kann; und damit begrenzt er brahman.”

Plotin: “So ist also das Jenseitige mannigfaltig und vielfach? Nun, dies Mannigfache ist ist anderseits doch einfach, und die Vielheit doch wieder Einheit; denn seine rationale Form ist einheitlich und vielfach, und alles Seiende ist eines. Denn auch das Anders ist in ihm, und die Andersheit gehört ihm an; denn zum Nichtseienden kann sie ja nicht gehören. Und das Seiende gehört zu dem Einen, das nicht abgetrennt ist von ihm; wo das Seiende da ist, da wohnt ihm auch das ihm zugehörige Einssein bei, und das Eine wieder ist an sich selber Seiendes. (Denn es gibt auch ein beiwohnen dessen, das getrennt ist. Anders wohnen die Sinnendinge dem Geistigen bei (soweit sie beiwohnen und denen sie beiwohnen), anders das Geistige sich selber; wohnt ja auch anders der Geist der Seele bei, anders die Wissenschaft der Seele, anders die Wissenschaft der Wissenschaft, wenn beide in dem selben Träger sich befinden; der Leib aber dem Leibe wieder in anderer Weise.”

Angleichung

Die Katha -Upanisad sagt: “So wie reines Wasser, das in reines Wasser gegossen wird, mit diesem eins wird, so wird auch die individuelle Seele, die von Unreinheiten befreit ist eins mit der höchsten Seele. Das geschieht, wenn der Mensch das höchste Selbst durch unmittelbare intuitive Wahrnehmung erkannt hat, wenn er, durch das Wissen um atman, nicht die Unterschiede im Blick hat; wenn er überall die Einheit des Selbst sieht, die Einheit des atman.
Die Veden, auch als sruti bhagavati (Bezeichnung der göttlichen Mutter) bekannt, sind ein besserer Wohltäter als Tausende von Müttern und Vätern. Deswegen sollten Wahrheitssucher die srutis verehren, welche das Wissen um die Einheit des Selbst behandeln, die Einheit der individuellen Seele mit dem höchsten Selbst. Sie sollten vollkommen unerschütterlichen Glauben in die Lehren der srutis haben. Wenn kein Glaube da ist, gibt es wenig Aussicht, Selbstverwirklichung zu erlangen.”

Meister Eckhart sagt: “Wenn der Leib bereitet ist, gießt Gott die Seele hinein und bildet sie dem Leib gemäß und sie hat Gleichheit mit ihm und durch diese Gleichheit Liebe.”

Wie aber gleicht sich das Subjekt zu einer Ganzheitstendenz an, aus dem profanen Alltagssein heraus? Eben durch eine Möglichkeit gedanklicher Fortführung aller Objekte ad ultimo, über eine Vorstellung, die ihre Einzelung ergänzt zu einer (vorerst angenommenen) über-hiesigen Herkunft. Bei jenen Objekten, die ich selber forme, kann dies in concreto geschehen – und bei den anderen gedanklich. Diese Schnittmenge, die derart (von allen und allem) gebildet wird, meint das Ziel aller Bestimmung. Und dieses ‘Omega’ hat entsprechend seine Ausläufer als hiesige Vielheit. Dies so zu erkennen meint (rationalisierende) Heilung vom Trugbild des Disparaten und wird so gedankliche Wegweisung zur Ganzheit.

Dieser Gedanke findet sich gerade bei Cusanus wieder. Für Cusanus ist, angelehnt an eine “symbolische Theologie”, ” ein symbolisches, transsumptives und experimentierendes Erforschen der Wirklichkeit und ihres Grundes … eine im Sinnenfälligen ansetzende Theologie, dieses aber auf das Intelligible zurückführende Handreichung. Sie beruht auf dem Vertrauen in die begriffs- und sachaufschließende Zeigekraft einer theophanischen Welt-Struktur; sie gebraucht das sinnlich Gegebene, aber auch Begriffe und Strukturen unseres Denkens als Zeichen, Spur, Verweis, Bild, Gleichnis, Analogie und Metapher für das Verstehen des jeweiligen konstitutiven Grundes und für den Übergang aus affirmativer Annäherung in die theologia negativa.” (Beierwaltes)

Zum Purusa

Die Katha-Upanisad sagt: “Jenseits des Großen (mahat) ist das Unmanifeste (avyakta). Jenseits des avyakta ist der purusa. Jenseits des purusa ist nichts – das ist das Ende, das ist das höchste Ziel.
Jenseits sogar von hiranya garbha, der kosmischen Seele, ist avyakta, das Unmanifeste, Dieses avyakta ist subtiler als hiranya garbha. Dies ist der Same aller Welten. So wie der Baum in potentieller Form im Samen existiert, so existiert die Welt in Samenform in avyakta. Die drei gunas sind in avyakta (Zustand des Gleichgewichts). Materie, Energie und Klang sind in avyakta (in einem undifferenzierten, potentiellen Zustand). Im pralaya wird die ganze Welt hinein in avyakta gezogen. Avyakta existiert in para-brahman als Kette und Schuss (Grundgewebe). Es ist der Zustand, in dem die Potentialitäten aller Ursachen und Wirkungen kombiniert sind. Mula-prakrti, pradhana, avyakta, avyakrta, maya sind Synonyme. Jenseits von avyakta ist purusa, der innere atman von allem. Purusa ist das größte und subtilste vastu. Er ist die Ursache aller Ursachen. Er füllt alles. Daher wird er purusa bzw. atman genannt. Er ist das Ende, das höchste Ziel des Lebens, das Summum Bonum. Er ist das Extrem an Feinheit und Größe. Wer diesen purusa erreicht, wird nicht wiedergeboren in diesem samsara. Er erreicht moksa, die endgültige Befreiung.”

Prakriti: Das Weibliche, die Potenz zur Entfaltung, das (vor-)ursächlich Vorhandene, das Passive, das Erduldende.

Purusa: Der Beweger und Formgeber – in seiner Hinwendung zur weltlichen Form.

Nach Schopenhauer sei die Schuld der Welt abzutragen durch den Mann im Tätigsein und durch die Frau im Erdulden.
Impetus und Ingenium sind männlicher Natur – jedoch brauchen sie ein Medium der Betätigung und Formung. Ojas, Prana -subtile Energie- sucht sich das Feld der Betätigung und durchwirkt es in unablässiger Art. Yogawiki: “Diese schöpferische Energie (ojas shakti) kann zu Versenkung und zu geistiger Erforschung verwandt werden.”
Führt dies Prinzip jedoch alleine zu leiblicher Reproduktion, weil es nie sublimiert wird, genügt es aber nicht seinem ursächlich geistig beheimateten Wesen – es kommt nicht zu sich selbst zurück, sondern verharrt und bindet zurück in die Weltlichkeit, erschöpft seine Kraft in der Verstetigung der äußeren Art und der endlosen Wiederholung dieses Mechanismus..

Upanisad, Fichte, Heisenberg

Die Katha-Upanisad sagt: “Wenn gelehrt worden ist, daß der atman identisch ist mit uns selbst, dann gibt es keine Wahrnehmung von etwas anderem; dann gibt es nichts anderes, das man wissen könnte, denn dann gibt es kein anderes Wißbares und das Wissen um die Einheit des atman ist das höchste Wissen.”

“Argumentieren ist nur ein Jonglieren mit Worten; es ist intellektuelle Gymnastik und Kriegsführung durch Sprache. Wer sein Leben mit Argumentieren verbringt, ist gefangen in dem dichten Urwald von Dunkelheit und Unwissenheit. Man sollte das Argumentieren aufgeben und still werden – nach innen schauen. Dieser atman ist nur durch stille Meditation zu verwirklichen.”

Entsprechungen
Fichte sagt:
“Ich verstehe dich jetzt, erhabner Geist. Ich habe das Organ gefunden, mit welchem ich diese Realität und mit dieser zugleich wahrscheinlich alle andere Realität ergreife. Nicht das Wissen ist dieses Organ: kein Wissen kann sich selbst begründen und beweisen;
So halte ich denn auf immer an diesem Ausdrucke fest, was keine bloße Unterscheidung in den Ausdrücken, sondern eine wahre tief gegründete Unterscheidung ist, von der wichtigsten Folge für meine ganze Gesinnung. Alle meine Überzeugung ist nur Glaube, und sie kommt aus der Gesinnung, nicht aus dem Verstande. Nachdem ich weiß, werde ich mich auf Disputieren nicht einlassen, indem ich voraussehe, daß damit nichts gewonnen werden kann; ich werde mich durch dasselbe nicht irre machen lassen; weil die Quelle meiner Überzeugung höher liegt als aller Disput: Ich werde mir nicht einfallen lassen, einem andern diese Überzeugung durch Vernunftgründe aufdrängen zu wollen, und nicht betreten werden, wenn ein solches Unternehmen misslingt. Ich habe meine Denkart zunächst für mich selbst angenommen, nicht für andere, und will sie auch nur vor mir selbst rechtfertigen. Wer meine Gesinnung hat, den redlichen guten Willen, der wird auch meine Überzeugung erhalten: Ohne jenen aber ist diese auf keine Weise hervorzuzbringen.”

Heisenberg sagt: zur Umfassung durch das Subjekt
“Die Prognose über das zukünftige Geschehen kann nicht ohne Bezugnahme auf den Beobachter oder die Beobachtungsmittel ausgesprochen werden- Insofern enthält in der heutigen Naturwissenschaft jeder physikalische Sachverhalt objektive und subjektive Züge. Die objektive Welt der Naturwissenschaft des vorigen Jahrhunderts war, wie wir jetzt wissen, ein idealer Grenzbegriff, aber nicht die Wirklichkeit.”
Wolfgang Pauli : “Erst der Begriff der Komplementarität kann verständlich machen, daß die Vorstellung eines materiellen Objektes , das von der Art, wie es beobachtet wird, ganz unabhängig ist, nur eine abstrakte Extrapolation darstellt, der nichts Wirkliches genau entspricht.”

Metaphilosophischer Hinduismus

Stephan Schlensog: “Der von Vivekananda vedantisch interpretierte ethische, universale und tolerante Hinduismus, war für ihn jene einzigartige Tradition, mit der Indien zu eigener kultureller und nationaler Identität finden und die Welt erobern werde, ja die Welt bereits erobert hat, da dieser Hinduismus im Grunde alle anderen Religionen in sich aufgehoben und künftige Entwicklungen im Prinzip schon vorweggenommen habe.”

Meine Ergänzung: Universalistische Philosophie der Identität ist ganz ursächlich jenseits-empirisch, kündet vom Alpha und Omega der Erkenntnis, handelt von der letzten großen Bestimmung, ist platonisch. Alles Gedankliche ist in diesem Rahmen, ist als Baustein in zubringlicher wie abwegiger Art zur Erfüllung einer einzigen Bestimmung zu sehen, wird somit zur durchaus dialektischen Bewegung zur Verwirklichung des Seinszweckes selbst. Unter dieser läßt sich gerade (theistische) Religion als wahre Hinderung zur Transzendenz einordnen, denn solche selbstbegrenzende Festschreibung kann nicht mehr sein als eine Stufe, ein Hinweisgeber oder Platzhalter zur Gemahnung, daß die Welt sich im Materiellen allein nicht erschöpfen kann.
Wenn Religion aber institutionalisierende Übersetzung einer transzendenten Ursächlichkeit ist, und somit ihr verstellender Hinderungsgrund, meint die Vedanta eben die Restitution der Transzendenz.
“Bereits in den Upanishaden kristallisieren sich die zentralen Begriffe Atman (innerstes Sein des Menschen) und  Brahman (Weltseele) heraus. Sie werden in vielen Aussagen, vor allem den Mahavakyas, als Einheit identifiziert: „Diese Seele (Atman) ist Brahman“, „Das bist du“ (Tat Tvam Asi), „Ich bin Brahman“. Die Natur des Brahman ist satya („Wahrheit“), jnana („Erkenntnis“), ananta („Unendlichkeit“) oder ananda („Glückseligkeit“). Hier stellt sich die Frage nach der Beziehung der individuellen Seelen, jivatman, zum paramatman, d. h. Brahman, und nach der Beziehung der Welt der Vielfältigkeit zum einen letzten Sein. Wird in den Upanishaden auch immer wieder die Einheit betont, gibt es doch auch Ansätze, die der Welt eine eigene, von Brahman getrennte Wirklichkeit zusprechen. Bei der Lösung dieser Frage kam es zu den unterschiedlichen Vedanta-Systemen.” (Wikipedia)

Hier geht es zuletzt um eine ‘prä-philosophische’ oder ‘meta-philosophische’ Erkenntnis durch Induktion der Offenbarung einer anderen Seinsebene. Die Philosophie aller Zeit vollzieht sich aber zuletzt darum, (auch) gedanklich jene hohe Verortung wiederzufinden. Philosophie in ihrem geschichtlichen Sinne meint dann die Nachzeichnung des Weges dorthin, nämlich dem ursächlichsten Impetus des Menschen nach seinen wahren Daseinsgrund rational zu durchdringen, dann das Rätsel seiner Abkunft und seiner Defizienz zu lösen, um diese zu heilen und sein wahres Wesen wiederherzustellen. Es ist ein ‘ewiges’ Fortschreiten zur Bestimmung, ein einziges Werden, eine Evolution des Geistes – dann inbegriffen die Überwindung der Körperwelt als reduzierte Perspektive – um zu eigentlichem Sein – welches sich Eingeweihten aller Zeit erschloß – zurückzugelangen.

Einheit des Selbst

“Beginne deine Hingabe, indem du ein Bild (der Gottheit) verehrst. Lege in dieses Bild all die Attribute des Gottes hinein, aber lass deine Hingabe nicht in diesem Bild enden. Erweitere sie. Siehe Gott in jedem Gegenstand. Fühle, daß die Welt die Manifestation Gottes ist. Sieh die Welt als Gott. Das Bild oder die Statue werden göttliche Liebe in deinem Herzen hervorrufen und dich schließlich dahin führen, daß du die Einheit des Selbst realisierst. Das Bild wird dir anfangs als eine Stütze dienen, auf die du dich lehnen kannst. Einige unwissende Menschen denken, daß das Bild selbst Gott ist. Vedanta lehnt ausschließlich diese Art der Verehrung ab.”
(Kena-Upanisad)

Der Vorzug der Vedanta als philosophisches System ist, daß sie den Theismus überkommt, und somit dessen ontisch Trennendes zwischen Mensch und anderem, höheren Dasein nicht zuläßt oder aufhebt. Denn Devotion bewirkt zwangsweise Objektivierung und so Entfernung des Eigenen vom Numinosen, zumal sie sich darin erschöpft, sich unterzuordnen unter ein hypothetisches göttliches Ens.
Meister Eckhart sagt: “Ein Kardinal fragte Sankt Bernhard: ‘Warum soll ich Gott lieben und auf welche Weise’, denn Gott ist nichts; nicht so (jedoch), daß er ohne Sein wäre: er ist (vielmehr) weder dies noch das, was man auszusagen vermag, er ist ein Sein oberhalb allen Seins. Er ist ein seinsloses Sein. Darum muß die Weise, mit der man ihn lieben soll, weiselos sein. Er ist über alles hinaus, was man auszusprechen vermag.
Daß wir zu dieser vollkommenen Liebe gelangen, dazu helfe uns Gott.”

Nun meint diese Liebe zu erlangen eben eine Ausrichtung des Eigenen, eine Betrachtung des Eigenen hin zum göttlichen Sein des Selbst im Selbstsein. Wir selbst gelangen in tätiger Devotion – in weiseloser Liebe – vor dem Prinzip des höchsten Seins zu eben dieser seinslosen Seinsart, zu jener Transformation in das einzige und hohe Dasein hinein. Verehrung wird zur Hingabe und dem Sich-Überlassen an dies eine Prinzip, das man selber aus dem Tiefsten der Seele repräsentiert.

Wissen um Brahman

“Der grobstoffliche, unreine Geist kann sich brahman nicht nähern; aber der subtile, reine Geist kann zu ihm kommen, denn der reine Geist ist selbst brahman.
Brahman kann kein Objekt der Wahrnehmung sein, denn brahman ist ohne Teile, ohne Eigenschaften und extrem subtil. Er ist jenseits der Reichweite der Sinne (atindrya) (unerreichbar, adrisya). Er kann nur intuitiv in der Meditation realisiert werden. Die Sinne und der manas können nur äußere Objekte des Universums wahrnehmen.
Du kannst anderen Menschen etwas über Sinnesgegenstände erklären, indem du ihre Attribute beschreibst, ihre Art, ihre Aktivitäten etc. Aber brahman ist ohne Attribute, ohne Art etc. Daher ist es nicht möglich, Schüler etwas über brahman zu lehren. Brahman zu definieren bedeutet brahman zu negieren.
Da brahman jenseits der Reichweite der Sinne und des unreinen Geistes ist, sollte der Aspirant zunächst einmal ein umfassendes Verständnis von brahman gewinnen, und zwar durch das Studium der Upanishaden und die Unterweisungen eines erleuchteten Lehrers. Er sollte sich mit den vier Hilfsmitteln ausrüsten (viveka, Unterscheidungskraft, vairagya Wunschlosigkeit, mumuksutva Wunsch nach Befreiung, satsampad sechs Vollkommenheiten (Gleichmut, Kontrolle der Sinne, Zurückziehen der Sinne, Geduld/Toleranz, Glaube, geistige Ruhe) und regelmäßige und stetige Meditation praktizieren. Dann wird er Wissen um brahman erhalten..

Brahman kann nur erkannt werden durch die Unterweisungen eines erleuchteten Lehrers bzw. verwirklichten Weisen und nicht durch logische Diskussionen, auch nicht durch Intelligenz, große Gelehrsamkeit, Erklärungen, Askese, Opferrituale etc. “
(Kena-Upanisad)

Wissen um brahman meint, brahman (als die Qualität der höchsten Bestimmung) selbst zu werden und zu sein. Zu seiner ‘negativen’ (total-)transzendentalen Bestimmung: Das Wort brahman selbst wirkt indes schon attributiv aufgeladen. Wenn es heißt: “Brahman kann nur erkannt werden…”, dann könnte man auch stattdessen in abstrakterer Manier sagen: Erkenntnis erst bildet das wahre Dasein.
“Subtil” und “rein” indes wird der Geist durch Disziplinierung und Durchdringung des Objektes auf seinen Grund. Da dieser die Apriorie zum Dasein darstellt, soll alles im Dasein dahingehend bedacht werden, daß es korreliert zum Eigentlichen und daß es apriorisch einer Idee folgt, die im Dasein – verbunden mit äußeren Umständen – zur Uneigentlichkeit entfremdet ist und doch immer Hinweis bietet zum unverwirklichten – und so reineren – Ursprung.

Atman und Hierarchie

“Wer sieht, daß das höchste Selbst alles durchdringt, und wer alles im höchsten Selbst sieht, hat nicht den Wunsch, sich zu schützen, denn er hat vor nichts Angst. Da er furchtlos ist, ist er niemals ängstlich darauf bedacht, sein kleines Selbst zu bewahren.
Der Weise, der atman verwirklicht hat, sieht, daß alle Dinge und alle Wesen nicht von einem Selbst getrennt sind und daß sein atman der atman von allem ist. Der atman ist das gemeinsame Bewußtsein aller Wesen. Der atman ist derselbe in dem König und dem Bauern, in dem Heiligen und dem Schurken, dem Schuster und dem Barbier, in der Ameise und dem Elefanten, dem Baum und dem Stein. Wie kann jene große Seele, die im eigenen atman ruht und ein derart erhobenes kosmisches Bewußtsein hat, vor irgendeinem Wesen oder Ding in Abscheu zurückschrecken? Wie kann er irgendetwas nicht mögen? Wie könnte er irgendjemanden hassen? Absolut unmöglich!”
(Isavasya-Upanisad)

Das Eine ist in Allem potentiell das Gleiche, – als ein Apriorisches, alle Verwirklichungspotenz Bereithaltendes – dabei durch verschiedene Emanationsstränge und Verwirklichungen in verschiedene Form gefallen oder gefesselt. Somit bildet es sich zwar hierarchisch aus, aber zuletzt entstammt eine solche Hierarchie (der Bewußtseine oder Bewußtheiten) nur der gebundenen Warte (der Physis), die eben nach verbindenden (Geist-) Apriorien, die sich als Ideen ‘verzweigen’, verschiedene Möglichkeiten der Verwirklichung gebiert. Ein jedes Bewußtsein im Objekt mag entprechend seiner Potenz so in Hinsicht auf Erfüllung umfassender Verbildlichung an sich selbst in diesem Sinne’ genügend’ sein.
Reflexion indes ist begründet in manas (Wille, Denken, Gedanke, Denkprinzip), und so dem Sein nach nicht dem tiefstem Sinn des Seins entsprechend. Ein Indiz immerhin, daß auch die unbewußte Form im Seinsrang einer eigentlich tiefsten Verbildlichung und Selbstheit fähig ist.
Und doch: Überwindung braucht insbesondere Reflexion, um sich nicht dauerhaft im Erhalt der Form als Ausdehnung (im reinen Sinne von Wachstum und Reproduktion) zu erschöpfen. Nicht-reflektierende Form impliziert Bewußtsein, das Form verstetigt, statt sie zu überkommen. Seine Seinskraft erschöpft sich darin, in sich selbst als Form reproduktiv zurückzufallen – und das Eine drängst schließlich nach der Verbildlichung zu sich selbst zurück – dies jenseits jeder Konkretion, wie wir sie verstehen.