Materie, Begriff

C.G.Jung sagt: “Der Konflikt zwischen Wissenschaft und Religion ist in Wirklichkeit ein Mißverstehen von beiden. Der wissenschaftliche Materialismus hat nur eine neue Hypostase eingeführt, und das ist eine intellektuelle Sünde. Er hat dem höchsten Realitätsprinzip einen anderen Namen gegeben und hat angenommen, daß er dadurch etwas Neues erschaffen und etwas Altes zerstört habe. Ob man nun das Prinzip des Seins Gott, Materie, Energie oder sonstwie benennt, man hat damit nichts erschaffen; man hat nur ein Symbol ausgewechselt. Der Materialist ist ein Metaphysiker malgre lui. Der Gläubige andererseits versucht aus rein sentimentalen Gründen einen primitiven geistigen Zustand beizubehalten. Er ist nicht gewillt, die primitive, kindliche Beziehung zu geistschaffenden und hypostasierten Gestalten aufzugeben, er will sich weiter der Sicherheit und des Vertrauens in einer Welt erfreuen, in der mächtige, verantwortliche und gütige Eltern die Aufsicht führen. Der Glaube schließt möglicherweise ein sacrificium intellectus ein (vorausgesetzt, daß Intellekt zum Opfern vorhanden ist), aber nie ein Gefühlsopfer. So bleiben die Gläubigen Kinder, anstatt zu werden wie die Kinder, und sie gewinnen ihr Leben nicht, weil sie es nicht verloren haben. Dazu kommt noch, daß der Glaube mit der Wissenschaft kollidiert und auf diese Weise seinen Lohn bekommt, denn er weigert sich, am geistigen Abenteuer unserer Zeit teilzunehmen.”

Dem Materialisten wie dem Theisten gemein ist eben die Zuwendung zur Materie als objektive Bezugsgröße zum (Welt-) Sein, der erste leugnet dabei ein Höheres überhaupt, der zweite stellt es in die Befugnis eines personalen Über-Ens. Gerade der Wissenschaft samt ihrer philosophischen (ontologischen) Ableitungen und Spekulationen kommt es dabei zu, ein Bild zu entwerfen, welches den Materie-Begriff wandelnd, nachdem ihm das Fundament für die feste atomistische Sicht längst entzogen ist, ihn als ‘Unseres’, als perzeptionelle Auswölbung einer Präposition im Feinstofflichen, die ontisch höherwertige Seinsfülle vor der Verwirklichung meint, zu sehen, an deren Genese Aspekte der natura naturans und natura naturata konvergent ganz sichtbar werden. Hierzu anhand dem beobachtbaren evolutionären Aufbau der Welt ein Telos zu bestimmen, das über die Vater-Kind und Subjekt-Objekt Relation und entsprechende Hierarchie und Gliederung weit hinausweist, ist Aufgabe ebenso konvergierender Naturwissenschaft und überhaupt einer zur Einheit weisenden Tiefen- und Gesamtsicht . Dies meint – ganz herabgebrochen – für die Alltagswelt eine totale Relativierung des Hier und den vermehrten Blick auf andere, anteil-und sinnhaftige Verortung, Grundierung und Zielbestimmung. Nur so wird der Weg ermöglicht zur immanenten (Selbst-) Werdung als Erfüllung eines Seinsauftrages, der eine Rückkehr zum Wissen und zum Ganz-Sein ist.