Im Scheinleben

Fichte sagt: “Das Sterbliche muß sterben, und nichts befreit es von der Gewalt seines Wesens; es stirbt in dem Schein-Leben immerfort; wo das wahre Leben beginnt, stirbt es, in dem Einen Tode, für immer, und für alle die Tode in die Unendlichkeit hinaus, die im Scheinleben seiner erwarten.”
Dies heißt: Das Dasein ist ein fortwährendes Überkommen des lediglich als lebensvoll erachteten (jedoch reduzierten) Lebensteiles (der Inkarnation), insofern meint das gelungene Dasein ein fortdauerndes Abscheiden von demjenigen, was aus der normalen Lebenswarte eben für dies Leben als konstitutiv erachtet ist. Es ist ein geistiges und tätiges Lassen der Anhaftungen in der Gegenwart, also in der Welt, das den Schein des Diesseits schmälert und begrenzt und so immanente Eigentlichkeit herausformen kann und zur Essenz des Lebens – dem nicht-scheinhaften Leben und Sein – hervordringt, welches weit oberhalb der Inkarnation steht – vielmehr auf diese gleichsam herabschaut und sie bewertet ihrem Sinn nach, ob sie in ihrem hiesigen Ausformen dem Telos dienlich ist oder nicht. Diese Beobachtung, diese Schau ist immer vom hohen Subjekt her gegeben, aber von der Person her desintegriert und nur dem Stand gemäß aktiv im Unbewußten.
C. G. Jung sagt: “Die den Wirkungen des Unbewußten zugrunde liegende Realität schließt also ebenfalls das beobachtende Subjekt ein und ist daher von unvorstellbarer Beschaffenheit. Sie ist in der Tat das allerintimste Subjektive und zugleich allgemein wahr, das heißt im Prinzip überall als vorhanden nachweisbar, was von den Bewußtseinsinhalten personalistischer Natur keineswegs gilt.”
Und dorthin, wo diese Gültigkeit herrscht, gilt es durchzustoßen. Hier zeigt sich auch die Ambivalenz von Allgemeinem und Hochindividuiertem: Es findet sich zusammen in das Eine, das eben jenseits aller Ambivalenz und dialektischen Distraktion existiert – und so eigentlich erst Existenz meint, wahre Existenz wird. Diese Vergegenwärtigung ist so hoch, daß sie die Frage nach Leben und Tod überschreitend nach der der Immanenzerwirkung in der Gegenwärtigkeit schaut, die zuletzt eigentliches Sein und somit erst (ewiges) Leben meint.