Pythagoras, Ethik

“Und als er zu den Fischern hinkam, deren Zugnetz noch viel Last aus der Meerestiefe mit sich führte, habe er  (Pythagoras) ihnen vorhergesagt, wie viele sie heranzögen, und die Zahl der Fische bestimmt. Und als die Männer versprachen zu tun, was immer er gebiete, falls es so herauskomme, da habe er befohlen, die Fische lebend wieder loszulassen, nachdem sie diese zuvor genau gezählt hätten. Und noch verwunderlicher war, daß kein einziger der Fische, die während der langen Zeit des Zählens außerhalb des Wassers blieben, sein Leben aushauchten, solange er dabeistand.”
(Alexander Polyhistor)

Nach Christoph Riedweg  sieht hierin “Jamblichos zu Recht einen heidnischen Gegenentwurf zu den christlichen  Evangelien.” Deren Fischepisode besagt, daß sich durch Jesus’  Wundertat die  Netze der Jünger  füllten,  die selbstredend fischten, um sich und das Volk  ausreichend zu  ernähren. 500 Jahre vorher sind wir jedoch bereits mit einer höheren Ethik konfrontiert, einer “buddhistisch anmutenden Achtung gegenüber der belebten Kreatur” (Riedweg). Beide Verfasser,  Pythagoras und Buddha,  formulieren ihren Anspruch ungefähr zur gleichen Zeit. Gemeinsam ist ihnen  die panpsychistische monistische Auffassung eines alles (essentiell ungeteilt) durchwaltenden geistigen und letzten Prinzips, welches  folgerichtig eine Ethik des  Nichttötens und Nicht-Verletzens, also auch die Forderung nach  Fleischverzicht hervorbringen muß.   Für den europäischen Kulturraum gelangte  aber durch  die christlich – petrinische Aneignung und Überwölbung dieser antiken und selbst im Urchristentum vorhandenen- Grundkonstante diese Forderung  nie zur Entwicklung, vielmehr kam sie in ihren Ansätzen zum gänzlichen Erliegen – sieht man von verfolgten gnostisch-häretischen Unterströmungen wie den Katharern ab.