Philosophie als Weg

Dem Neuplatoniker und Theurgen Jamblichos, der eine Biographie über das Leben des Pythagoras verfasst hat,  geht es  in dieser  auch darum, Pythagoras’  Leben und Wirken als  Umsetzung, als gelebte Wirklichkeit seiner Philosophie darzustellen. Ebenso beschreibt er diese Lebensführung im Gegenzug  als eigentliche und  elementare  Voraussetzung für die  richtige Einsicht.  Erst  durch ein ‘gereinigtes’ und spirituelles Dasein erschließt sich der Sinn ursächlich offenbarter Inhalte, die als Kern der pythagoreischen Lehre zu verstehen sind. In der Betrachtung dieser Lebensführung  geht es also  um einen Aufruf zur lebenspraktische Nachfolge, und die Wichtigkeit der richtigen Lebensführung ist gegenüber dem Studium  der Schriften nie hoch genug einzuschätzen. So wird Pythagoras -auch für den Platoniker – zur Leitfigur eines gelungen, von innerer Weisheit erfüllten Lebens, sein Wirken ist Vorbild für einen “Erleuchtungsweg”, Philosophie meint die Kenntnis bzw. das Erkennen des Initiierten.  Edouard Schure: ” Pythagoras stellt die Grundsätze  und die Methode  der höchsten Einweihung dar.” Diesem Ideal gilt es auf geistigem Wege zu folgen.
Gelungenes Philosophentum  ist demnach die  Reflexion und Darbringung innerer Überzeugung und in Folge die gelebte Anschauung, die einen im Kern der Person angelegten Wahrheitsauftrag zur Entfaltung bringen soll.
Diese Zentriertheit und Priorität  der inneren Erfasstheit  taucht in der mystischen Tradition immer wieder auf, spiegelt sich auch einst  in den Versen des Angelus Silesius wieder:
“Freund es ist auch genug. Im Fall du mehr willst lesen. So geh und werde selbst die Schrift und selbst das Wesen.” 
Mit diesem Wort ist gemeint, daß zuletzt nur das eigene Innere in aktuale Verbindung mit dem Ziel (als Erfüllung des Daseins zum Sein an sich) treten kann und ein Geschriebenes -solange  es ein äußerlich angetragenes ist- dies nie ersetzt .
 Der Versuch der Scholastik hingegen, alle Kenntnis  als Propädeutik zur theologischen Einsicht zu begreifen, da alles Denken zuletzt auf die rechte Einsicht in Gott führe, könnte zwar ebenso  in diesem Zusammenhang verstanden sein, jedoch beugt die Scholastik   gleichsam naturwidrig  alles Denken  zu Inhalten,  die in ihrem Offenbarungscharakter schon mißverständlich kolportiert waren und vor allem: Sie stellt den Glauben über das Erkennen, proklamiert  einen Lebenstil der Devotion, nicht der Erfragung, also   nicht der spirituellen Souveränität des Wissenden in seiner Erkenntnis der Teilhabe und prinzipiellen Univozität zum wissenden Prinzip.  Hier kommt es zu einer unnatürlichen Spaltung  zwischen dem Telos einer fortwährenden Durchdringung und einer dann eigentlich nicht mehr so zu nennenden Spiritualität. Daher kann Edouard Schure treffend sagen:” Die hellenische Zivilisation hat den Krieg zwischen den Priestern und den Philosphen nicht geklannt, der eine so große Rolle spielt in der unseren seit der Zerstörung des christlichen Esoterismus  im zweiten Jahrhundert unserer Ära.
 Und Arthur Schopenhauer daher zurecht: “Zum Glauben ist man kein Philosoph.” und zu dieser Form der Religion : “Die Religion wird durch fortschreitende Verstandesbildung zurückgedrängt, wird abstrakter, und da ihr Wesen Bildlichkeit ist, muß sie, sobald ein gewisser Grad von Verstandesbildung allgemein worden, ganz fallen.”
Oder nochmals  Edouard Schure:Wenn die Religion nur bestehen kann, indem sie das Suchen nach Wahrheit unterdrückt, ist sie nichts als eine verhängnisvolle Tyrannei.”