Unbleiben

Volkmann-Schluck: “Weil das Unbegrenzte nicht durch sich selbst erfaßt werden kann, ist seine Erfassung ein Produkt der Einbildungskraft.”

“Wo hat das Unbegrenzte den Ort seines Seins? … Das Unbegrenzte selbst, so erklärt Plotin, ist auf der Flucht vor der Idee der Grenze. Die Grenze ist nicht eine Idee unter anderen, sondern ein Grundzug der Idee selbst, die das Was-es-ist erscheinenlassende Sicht, während im grenzenlosen alle Sicht und alles Sehen vergeht. …Das Unbegrenzte findet sich nicht in Bewegung. Aber es steht auch nicht still, da es, bevor es nicht gestellt wird, keinen Ort gibt, an dem es stehen könnte. Bewegung kann man ihm nur in dem Sinne zusprechen, daß es das Unbleibende an sich selbst ist.
Wie aber soll man sich dieses Unbleiben denken?…Denken ist immer ein Denken der Ideen. …Das Denken des Unbegrenzten muß daher denkend die Idee von sich absondern, sie gleichsam an einen anderen Ort stellen und dort stehen lassen, wenn das Unbegrenzte zur Begegnung kommen soll. Das Denken muß sich gleichsam gegen sich selber quer stellen, sich selbst entgegen handeln und doch ein Denken bleiben. Was denkt ein solches Denken? Gegensätzliches und Nichtgegensätzliches, beides in eins und zumal, also etwas Großes und Kleines, jedoch nicht das eine im Gegensatz zum anderen, denn dann würde das Denken ja wieder auf Ideen hinblicken…Und so verhält sich das Unbegrenzte zu allen Gegensätzen, indem es als das Eine sowohl wie auch als das gegenteilige Andere erscheint. Es selbst, unangesehen dessen, als was es erscheint, ist keines von beiden in der Weise der Bestimmtheit und der Gegensätzlichkeit.”

Hier läßt sich trefflich Cusanus heranziehen, der von einem intensivsten Sein spechend, welches eben über und vor einem Sein ist, das als in irgendeiner Form bestimmtes Seiendes erscheint, über diesen Verhalt zu einer Synthese ontischer Verhalte kommen muß. Die Rede ist hier zum Einen von absoluter Unbegreiflichkeit – “Worte haben keinen Zugang zur Quidditas”- und doch geht es zuletzt um eine sprachliche Einhegung. Cusansus spräche nun von einem Zusammenfallen der Gegensätze in Gott, würde man nur – geometrisch betrachtet – lange genug den verschieden strebenden Richtungen nachgehen, ließe sich sagen: Die raumzeitliche Determination muß sich erschöpfen. Rein mathematisch (eidetisch) wäre dies nicht der Fall, in der Trägheit der massereichen Welt aber kommt es zu mannigfaltiger Aberration oder Korrektur (die Erfassung selber ist schon Defizit!), nie kann das Eine gehalten werden, ohne das andere zu beeinflussen und zu ändern- im Irgendwo und Irgendwann der Linien und Achsen kommt es schließlich zu Annäherungen, Umkehrungen, Perspektivwechseln. (Die Art der Erfassung selber ist Signum Und so gelangt man eben selbst gedanklich zur Einheit der Gegensätze vor jeder Form der Zweiheit: Indem man alles von aller Seite her durchläuft und durchtut und verfolgt zum gemeinsamen Ursprung.

Hegel sagt: “Die Vernunft stellt sich als Kraft des negativen Absoluten, damit als absolutes Negieren, und zugleich als Kraft des Setzens der entgegengesetzten objektiven und subjektiven Totalität dar.”