Christliche Symbolik, Leidenspose und Verhaftung

In seiner Symbolsprache ergeht sich das Christentum endlos in der Leidenspose Jesu – im Antlitz des Schmerzes,  der Agonie, der Niederlage, des gesenkten Hauptes und der  blutenden Kreuzesmale, obwohl der eigentliche, der ganz fundamentale Sinn  der Inkarnation Jesu doch durch den Triumph und die Freude der  Auferstehung bestimmt  ist. Ihre Botschaft:  Der Tod ist lediglich als Übergang in das eigentliche, das wahrhafte Leben zu verstehen, als Vorgang, der angesichts des Sieges  über ihn relativiert wird; er verliert seinen Schrecken, ist gar  ohne Bedeutung, auch im höchsten Leiden ertragbar, soll gar nicht von Interesse sein. Es scheint aber christlicher Wunsch, diese Darstellung bereitwillig der Schmerzens -und Sterbepose unterzuordnen, was eine Diesseitssorientierung (und ein besonderes Interesse am Leiden) verrät, die als Motiv über das Unverständnis der Bedeutung des Todes bereits in vorchristlicher Zeit im sokratischen “Was weinet ihr, ihr Frauen?” zur Erörterung kommt- als der zum Tode verurteilte Sokrates den giftigen Schierlingsbecher ansetzt.  Hierzu ein Zitat von Karl Jaspers über den ganz frühen Nietzsche: “Gegen den  aus der christlichen Anschauungsweise entsprungenen Weltschmerz heißt es: er sei nichts als ein Versagen an eigener Kraft, sei ein Vorwand der Schwäche, die sich nicht mit Entschiedenheit selbst ihr Los zu schaffen vermöge.” Somit legt man ganz das Gewicht auf die Niederlage, das passive Erdulden,  die diesseitsgebundenen Klage.
Das weitere Symbol: Die Frau mit dem Kind. Das Mutter – Kind Verhältnis steht wie kein anderes für die Einsenkung in die Materie, das Kind und die anschließende Menschwerdung als solche für die maximale Verhaftung im Weltlichen. Die Verstetigung dieses anthropozentrierten Gestus kommt in der Heiligendarstellung zu endloser Ausschmückung, dabei ist die Frage nach dem “Wie” der Fleischwerdung Jesu prinzipiell ohne Belang, und die Jahrhunderte währende theologische  Auseinandersetzung  über die tatsächliche Beschaffenheit seines Leibes zeigt die ganze Sinnlosigkeit eines Disputs in der Verkennung  der eigentlichen Intention seiner Inkarnation,  nämlich daß er als Lehrer schlicht nach Mitteilungsfähigkeit, sprich raumzeitlicher Präsenz verlangt, um so in der Lebenswelt des Menschen seine entscheidende Botschaft über bzw. aus  aus einer anderen (höheren) Wirklichkeit  zu übermitteln, die eben -und das ist der ganze Auftrag- zur  erweiterten Erkenntnis über den Telos zu einer Eigentlichkeit des Seins – jenseits  der getrübten Wahrheit der Welt- führen soll. Dies ebenfalls ganz parallel zur  Geschichte von Sokrates: Das eigentliche Leben wird erst jenseits des fleischliches Todes (“was wir Sterben nennen” sichtbar. Platon “Die echten Philosophen üben sich im Sterben. Sterben heißt, initiiert zu werden.”