Realität und Relation

Der Physiker Carlo Rovelli: “Die Quantentheorie beschreibt nicht, wie die Dinge ‘sind’, sondern wie sie ‘stattfinden’ und sich ‘wechselseitig beeinflussen.’ Sie sagt nicht, wo ein Teilchen ist, sondern wo es sich ‘von den anderen sehen läßt’. Die Welt der existierenden Dinge reduziert sich auf die der möglichen Wechselwirkung. Realität besteht allein in der Interaktion. Die Realität wird auf Relation reduziert. Alle Charakteristika eines Objektes existieren nur bezogen auf andere Objekte. Die Fakten der Natur manifestieren sich ausschließlich in Beziehung. In der Welt, die von der Quantenmechanik beschrieben wird, gibt es keine Realität ohne Beziehung zwischen physikalischen Systemen. Nicht die Dinge treten in Beziehung zueinander, vielmehr geht aus den Beziehungen selbst die Vorstellung von Dingen hervor.”
Max Born: “Man lehrte die Generation, zu der Einstein, Bohr und ich gehören, dass eine objektive physikalische Welt existiert, die sich nach unveränderlichen Gesetzen entfaltet, die von uns unabhängig sind. Wir betrachten diesen Vorgang, wie das Publikum im Theather ein Stück verfolgt. …” (Aber – über quantenphysikalische Messungen): “Die Tätigkeit des Experimentators ist es, die den Apparat plant und wesentliche Züge der Beobachtungen vorherbestimmt. Es gibt also keine objektiv existierende Situation, wie man sie in der klassischen Physik angenommen hatte.”

“Die Realität wird auf Relation reduziert.”
 Siehe hierzu auch für den Buddhismus: “Für gewöhnlich betrachten wir uns als eine feste Einheit, was der Buddha als Haupthindernis auf dem Weg zur Erleuchtung bezeichnet hat. In dieser illusorischen Annahme eines festen ‘Ichs’ ist die Ursache allen Leidens zu erkennen.”
Wie aber beziehe ich aus den Beziehungen selbst die Vorstellung von den Dingen? Dies geschieht zum einen durch perzeptionelle Stabilisierung durch (intersubjektivierte) Wahrnehmung, dies einer entsprechenden Anlage und Bestimmung (gemäß dem Wesen und Mechanismus des eidos und der logoi) folgend. Mit dem Wort von der Intersubjektivierung ist bereits ein Hinweis gegeben, das zur Konstitution von Welt eine Absprache, ein Interaktives über ihre Visualisierung vonnöten ist. Auf bewußterer Ebene geschieht eine Objektwerdung zur Person im seelischen Entfremden (als Konsolidieren) zur anderen Entität (sie hierzu die indische Konzeption des Ichmachers), dies unter (lebenspragmatischer) Negation der tieferen geistigen bzw. feinstofflichen Beziehung und Teilhabe, mit dem Sinn der eigenen Subjektivierung, die ständige Abgrenzung und Rückweisung des Außen meint und bedingt.
Nun stellt sich neuplatonisch überhaupt einer Frage nach dem Sinn dieser (bzw. jeglicher) Subjektivierung. Man könnte ihn schlicht – auch wenn dies das malum metaphysikum nicht abschaffen kann – im Entäußerungswunsch, in der Schaffung einer Bandbreite der ‘objektivierbaren’ Möglichkeiten, somit der Erschaffung – ungezählter- Welten und Ansichten wie in einem Kaleidoskop verstehen, um dann wiederum, gleich einem großen Ein- und Ausatmen wie in einer zyklischen Bewegung wieder zur Überwindung dieser bewußt zerstreuten (oder defizitären) Anschauung und Trennung zur ursächlichen Synthese zurück zu kommen. Die Überwindung ist hier zur Aufgabe geworden, die dem Fragmentarischen selber zu eigen wird. An ihm ist es, den Weg zurück zu denken und zu gehen.
“So ist das Wesen des Seins Dynamis, schöpferisches Aus-Sich-heraus-setzen eines Denkendseienden in der immanenten Betätigung seiner selbst, Manifestation seiner Macht.” (Volkmann Schluck)

Und ebenfalls Volkmann Schluck in Bestätigung des eingangs erwähnten quantenphysikalischen Diktums von der ‘ontologischen Interaktion’:
“Jeder dieser (explizierten) Bestandteile hat kein unabhängiges Bestehen – es koexistieren nicht einfach die Bestandteile, sondern jeder von ihnen ist auf das Mitdasein aller anderen angewiesen. und hat nur in dem Ganzen sein Bestehen.”
Und mein Zusatz: Das Eine ist dabei nicht vorgestellte Existenz, sondern Existenz an sich, das heißt auch, ihm kommt immer maximale Qualität und Fülle zu. Daseinsfaktoren bilden sich daher vom Einen aus, bilden Welt, aber nicht den tiefsten Seinsgrund, denn umgekehrt ist jener für sie die erste Bedingung und causa.