Meister Eckhart: “Nun frage ich wiederum: Was ist des abgeschiedenen Herzens Gebet? Darauf antworte ich wie folgt und sage: Abgeschiedene Lauterkeit kann nicht beten, denn wer betet, der begehrt etwas von Gott, das ihm zuteil werden solle, oder aber er begehrt, daß ihm Gott etwas abnehme. Nun begehrt das abgeschiedene Herz gar nichts, es hat auch gar nichts, dessen es gerne ledig wäre. Deshalb steht es ledig allen Gebets, und sein Gebet ist nichts anderes, als einförmig zu sein mit Gott. Das macht sein ganzes Gebet aus. Hierzu können wir das Wort ausführen, das Sankt Dionysius äußert zum Wort Sankt Paulus’, wo der sagt: ‘Ihrer sind viele, die alle nach der Krone laufen, und doch wird sie nur einem zuteil’ – alle Kräfte der Seele laufen nach der Krone, und doch wird sie nur dem Wesen zuteil – Dionysius also sagt: Der Lauf ist nichts anderes als die Abkehr von allen Kreaturen und ein Sich-Vereinigen in die Ungeschaffenheit. Und wenn die Seele dazu kommt, so verliert sie ihren Namen, und Gott zieht sie in sich, so daß sie an sich selbst zunichte wird, so wie die Sonne das Morgenrot an sich zieht, so daß es zunichte wird.”
Was bleibt hier nun von Institution und Sakrament oder von jeder veräußerten Ansicht theistischer Dogmatik?
Krishnamurti sagte: “The Truth is a pathless land.” Das Morgenrot indes assimiliert sich durch Klärung der Luft mit seiner Herkunft. Es ist schließlich Abglanz seiner eigenen Ursächlichkeit und verschwindet – ist erst einmal das Medium, indem es nur flüchtig residieren kann, bereinigt – hinter sich selbst als Ursache.
Dem Menschen, der sich derart verhält, daß er in seiner Abkunft ganz zurücktritt, ist dies ein lebenswirklicher, täglicher Prozeß. Er muß sich dabei selber bitten, daß er diese Disziplin auf sich nehmen kann. Zuvorderst ist es seine ureigene Entscheidung, die Gegenwart seines eigenen Ursprunges zu realisieren. Selbst noch im biblischen Sinne, nach Paulus’ Wortlaut läßt sich sagen: “Zuwenig Geist gibt es nur, wenn der Mensch die Gegenwart des Geistes in seiner Seele zurückweist.” (Jörg Lauster)
Freilich findet sich dieser Gedanke in der östlichen Karmalehre besser wieder, denn dieser Prozeß der Zulassung kann wirksam nur aus dem Subjekt selber initiiert sein. Darüber hinaus stünde zur Disposition, ob eine Wegstrecke zur Befreiung nur auf eine einzige Inkarnation zu beschränken wäre.
Zentral bedeutend aber ist hier vor allem der Aspekt der Selbstverantwortung: Was ich als Individuum an vermeintlichem Eigensein abgebe, das gibt Platz zum Quell allen Scheines und geht zurück auf seine eigentliche, ungeheure Größe. Auf dem Weg dorthin entsteht etwas, das wie ein Sog ist. Werner Beierwaltes sagt: “Die Anähnlichung an den Ursprung für die Seele führt zu einer immer intensiveren Einigung mit sich selbst.” und: “Umkehr, Rückgang, ins Innere, Sammlung auf sich selbst sind die Bedingungen für die Möglichkeit eines inneren Aufstiegs, der mit einer Selbstdurchlichtung des Denkens und eines immer intensiveren Eins-mit-sich-selbst-Werden identisch ist.” Ganz in diesem Sinne auch Terence Mc Kenna, nur auf eine kürzeste Formel gebracht : “The deeper you go, the bigger it gets.”