Zur eigentlichen Größe

C.G.Jung: “Alle jene Augenblicke des individuellen Lebens, wo die allgemeingültigen Gesetze menschlichen Schicksals die Absichten, Erwartungen und Anschauungen des persönlichen Bewußtseins durchbrechen, sind zugleich Stationen des Individuationsprozesses. Dieser Vorgang ist nämlich die spontane Verwirklichung des ganzen Menschen. Der ichbewußte Mensch bedeutet nur ein Teil des lebenden Ganzen, und sein Leben stellt noch keine Verwirklichung des Ganzen dar. Je mehr er bloßes Ich ist, desto mehr spaltet er sich vom kollektiven Menschen, der er auch ist, ab und gerät sogar in einen Gegensatz zu diesem. Da aber alles Lebende nach seiner Ganzheit strebt, so findet gegenüber der unvermeidlichen Einseitigkeit des Bewußtseinslebens eine beständige Korrektur und Kompensation von seiten des allgemein menschlichen Wesens in uns statt, mit dem Ziele einer schließlichen Integration des Unbewußten im Bewußtsein oder besser, einer Assimilation des Ich an eine umfangreichere Persönlichkeit.”

So muß auch jeder inhaltliche und unerkannte Aspekt des Menschen zum gesamten Bewußtsein integriert werden, auch das Nicht-Bewußte samt seiner Anbindungen an tiefere eidetische Aspekte soll hervorgeholt sein um in Deckung zu kommen mit der bewußten, dann größeren Handlung und Verortung und zur Klärung aller Intention für ein hiesiges (Wach-) Sein und Ziel.
Inhalte des Traumes, Inhalte der Verdrängung, Inhalte der Intuition durch Hervorholung – gerade auch durch kreative aktive Handlung – dienen dazu, die ureigene Wesenhaftigkeit und die tatsächlich individuelle Verortung hierin als Teilhabe an einer tieferen und transpersonalen Ordnung zu finden. Wichtig zur Erreichung dieses Zieles ist eine Intentionslosigkeit in Bezug auf jedes ichhafte Wollen (wie etwa dem Streben nach weltlichem Erfolg), die Platz gibt der eigentlichen Motivation, die erst das tiefe Schöpfen und Finden und Verbinden zum Umfassenden ermöglicht. Reflexion und Bewußtwerdung über die Resultate der Klärung dienen der Integration, Entwicklung und Heilung der weltorierenten Defizienzen.
Werner Beierwaltes zum Neuplatonismus des Proklos: “Der Vollzug des ‘Erkenne Dich selbst’ aber macht deutlich die ‘Weise der Erhebung zum Göttlichen und des förderlichsten Weges zur Läuterung’. Der sich selbst Erkennende und damit sich selbst Läuternde wird im Grunde seines eigenen Wesens ‘mit Gott verbunden, der die ganze Wahrheit offenbar macht und zum reinen Leben führt.”
Dies allein aber ist ein Leben in eigentlichem Sinne und birgt so ein Glück der wahren Erfüllung zur echten Intention einer fortwährenden Geburt – zur Größe des eigentlichen Daseins.