Ding als Symbol und Fichte

“Der Mittelpunkt des Lebens ist allemal die Liebe. Das wahrhaftige Leben liebet das Eine, Unveränderliche und Ewige; das bloße Scheinleben versucht zu lieben …das Vergängliche in seiner Vergänglichkeit. Jener geliebte Gegenstand des wahrhaftigen Lebens ist dasjenige, was wir mit der Benennung Gott meinen, oder wenigstens meinen sollten; der Gegenstand der Liebe des nur scheinbaren Lebens, das Veränderliche, ist dasjenige was uns als Welt erscheint, und was wir also nennen. Das warhaftige Leben lebet also in Gott, und liebet Gott; das nur scheinbare Leben lebet in der Welt, und versucht es, die Welt zu lieben.Von welcher besonderen Seite nun eben es die Welt erfasse, darauf kommt nichts an; das, was die gemeine Ansicht moralisches Verderben, Sünde und Laster heißt, mag wohl für die menschliche Gesellschaft schädlicher sein und verderblicher, als manches andere, was diese gemeine Ansicht gelten läßt, und wohl sogar löblich findet: vor dem Blicke der Wahrheit aber ist alles Leben, welches seine Liebe auf das Zufällige richtet und in irgendeinem anderen Gegenstand seinen Genuß sucht, außer in dem ewigen und unvergänglichen, lediglich darum, und dadurch, daß es seinen Genuß in einem andern Gegenstande sucht, auf die gleiche Weise nichtig, elend und unselig.”
(Fichte, Die Anweisung zum seligen Leben, S.345)
Die Dinge: Gibt es hier eine andere Sicht, einen Ausweg aus der Nichtigkeit, ja Verwerflichkeit der Anhaftung an dem Weltlichen? Ja, wenn die Dinge als endlicher Hinweis auf ein Geistiges verstanden werden, -gemäß meinem Artikel von der Ästhetisierung des Raumes- so werden die Dinge zu einer ästhetischen Gemahnung an das Ewige, zu seinem Hinweis, ja sie gereichen sogar zur Teilhabe oder Beförderung, zur Hin-und Überleitung nach dem Höheren, denn das Höhere ist das Geistige und die raumzeitliche Abbildung ist seine Verdinglichung und Verdichtung und stellt also in dieser Blickrichtung auf das Geistige, in diesem Sinne verstanden, keinen Bruch zum Geistigen dar, sondern ist im Gegenteil sogar seine sichtbare (wenn auch geminderte) Affirmation (weil schließlich nichts außerhalb zu denken ist und der Geist allem immanent ist); so besteht ein Kontinuum in verschiedenen (graduellen) Ansichten, das mit sich selbst interagiert und so auch das Dingliche von der materiellen auf die geistige Welt wirken läßt. Die Dinglichkeit wird so zu etwas, was nach dem Gemeinsamen und Übergreifenden, in anderen -und höheren – Welten ebenfalls Gültigen sucht. Liest sich dies nicht wie das Hauptanliegen des Symbolismus des ausgehenden 19. Jahrhunderts, der ja die Welt und deren Aspekte nur als Symbole einer tieferen Wirklichkeit sieht und entsprechen darstellen will?
Bezogen auf Menschen oder Lebewesen allgemein: Diese, als Repräsentanten des (fragmentierten) Einen, können als Symbol oder Zielpunkt zur Überwindung der Zersplitterung in eine (körperliche) Vielheit und so als “Angelpunkt” zur Rückleitung in die Einheit gedacht werden. Stets aber muß ein Bewußtsein der Endlichkeit und Un-Komplettiertheit(respice finem) in der Zuwendung zur anderen endlichen Entität vorhanden sein. Dies meint das Bewußtsein zur Einordnung dieses Verhältnisses in den höheren Bezugsrahmen und das Bewußtsein der Begrenztheit der Körper durch Raumzeitlichkeit (der auch der Tod angehört.)