Fichte: “Das gegenwärtige Leben läßt sich vernünftiger Weise nicht als die ganze Absicht meines Daseins, und des Daseins eines Menschengeschlechts überhaupt denken; es ist in mir Etwas, und es wird von mir Etwas gefordert, das in diesem ganzen Leben keine Anwendung findet, und für das Höchste, was auf der Erde hervorgebracht werden kann, völlig zwecklos und überflüssig ist. Der Mensch muß sonach einen über dieses Leben hinausliegenden Zweck haben. Soll aber das gegenwärtige Leben, welches ihm dennoch aufgelegt wird, und das nicht lediglich zur Entwicklung der Vernunft bestimmt sein kann, indem ja die schon erwachte Vernunft uns gebietet, dasselbe zu erhalten und den höchsten Zweck desselben aus allen Kräften zu befördern – soll dieses Leben nicht völlig vergebens und unnütz sein in der Reihe unsers Daseins, so muß es sich zu einem künftigen Leben wenigstens Verhalten, wie Mittel zum Zwecke.”
Aller Zweck des Daseins aber ist ein Hineinbilden des Göttlichen in die Seele. Dies nur im alltäglichen Tun, in einer immer gegenwärtigen Räson der Geistigkeit, und dies meint nicht etwa die Frage nach Riten und exkludierten Ereignissen – vielmehr ist diese Bildung nur in einem ganzen und umfassenden Beschreiben des kompletten Lebensbogens zu bereiten. Diese Weise des Lebens ist bereits von geänderter Art, die eben schon im Hier das Leben seinem Begriff nach tranzendiert. Es handelt sich zuvorderst um eine Selbststeigerung (oder besser, im Jung‘schen Sinne: eine Steigerung zum (ichtranszendenten) Selbst.
Nach Ficino: “Diese im Rückgang in sich selbst sich vollziehende Bewußtseinserweiterung der ‘mens’ ist eine unendliche, grenze-lose, in ihren eigentümlichen Möglichkeiten unbegrenzte Bewegung: Die ‘Sehnsucht zu sich selbst‘, die Intention auf Selbst-Steigerung hin ‘hat kein Ende’, ‘ermüdet nie’, ‘erlischt nie’; je näher sie dem Unendlichen kommt, desto mehr entbrennt ihr Feuer.’ (Beierwaltes)
Meister Eckhart sagt: “Nun sagt ein Meister, es liege eine Kraft oberhalb des Auges, die weiter ist als die ganze Welt und weiter als der Himmel. … Alles, was durch die Sinne in jene Kraft eingetragen wird, läutert und bereitet und rüstet die Seele, auf daß sie des Engels Licht und das göttliche Licht rein zu empfangen vermag.”