In der Welt?

Meister Eckhart sagt: “Nun ist aber eine gewisse Wahrheit, wenn ich sage, daß alles Gut, ja die gesamte Schöpfung gegen Gott weniger ist als eine Bohne gegen diese ganze körperliche Welt. Darum müßte ich es mit Recht verschmähen, wenn ich ein guter, weiser Mensch wäre, Gott bitten zu wollen, daß ich gesund würde.”

Hieraus kann man etwas wie eine quasi-gnostische Weltverachtung lesen, denn so wird eine vehemente Relativierung der geschaffenen Welt verdeutlicht, alle Erscheinung, auch die eigene, ist im Verhältnis zum Göttlichen so reduziert, daß sie kaum Beachtung verdient, mehr noch -das eigene Wohl in der Welt scheint sinnlos, verschmähenswert. Meint dies aber nicht auch der christlich-dogmatische Topos schlechthin: Weltüberwindung, auch wenn sich der Christ geschichtlich ganz anders eingerichtet hat? “… als die katholische Kirche sich gegen die Gnosis bildete und behauptete, als sie mit Hilfe Konstantins die Welt als eine Aufgabe begriff, anstatt sie aufzugeben” (A. Borst)? Eine antagonistische Aussage tätigt z. B. Nietzsche: “Für das Tun des Seligen ist das Charakteristische: er geht an der Welt vorüber, oder er geht unbetroffen durch die Welt hindurch. (K. Jaspers) “Die Seligkeit ist die einzige Realität, der Rest ist Zeichen, um von ihr zu reden.” Was Nietzsche aber als verwerflichen Entwurf der Realität von sich weist, hat zuletzt konkrete ontologische Grundierungen, von denen er nichts wissen wollte und gar konnte. Gesundung – man weiß, daß ihre weltliche Form nur Aufschub heißen kann – ist nur in der Überwindung der Welt möglich. Gesundung ist die Emanzipation vom Leib, somit der Tod unter Vermeidung jeder weiteren Reinkarnation.
Meister Eckhart wollte die Welt nicht fliehen, er fand ein sinnvolles Tun des Menschen an dessen angewiesenen Platz. Aber gleichzeitig weiß er um die Nichtigkeit des Bildes, das er qua der Abkunft gleichsam adelt, gleichsam verwirft. In dieser Ambiguität liegt unser ganzes Sein, denn es verweist mehr, als das es wirklich ist. Insofern es verweist, ist es ‘sich heiligend’. Verliert es aber selbst den Verweis, wird es vergeudet und wertlos.