Lohn des Lebens

Arthur Schopenhauer: “Weltgeist: Hier also ist das Pensum deiner Arbeiten und deiner Leiden: dafür sollst du dasein, wie alle andern Dinge da sind.
Mensch: Was aber habe ich vom Dasein? Ist es beschäftigt, habe ich Not; ist es unbeschäftigt, Langeweile. Wie kannst du mir für so viel Arbeit und so viel Leiden einen so kümmerlichen Lohn bieten?
Weltgeist: Und doch ist er ein Äquivalent aller deiner Mühen und aller deiner Leiden: und dies ist er gerade vermöge seiner Dürftigkeit.
Mensch: So?! Das freilich übersteigt meine Fassungskraft.
Weltgeist: Ich weiß es. – (beiseite:) Sollte ich dem sagen, daß der Wert des Lebens gerade darin besteht, daß es ihn lehrt, es nicht zu wollen?! Zu dieser höchsten Weihe muß erst das Leben selbst ihn vorbereiten.”

Und dies wäre die Einsicht über die platonische Sichtweise. Wie auch soll der Lohn ausfallen, wenn der Blick auf den Zweck des Lebens selbst schon falsch gerichtet ist. Ein Lohn dieser Art könnte nur dem entsprechend sein – und so naturgemäß das von Grund auf angelegte Leid darin durch Anhaftung nur bestärken. Es ist allein die Hoffnung oder gar Erwartung eines Lohnes für dies Leben Indiz genug, daß das Leben als solches offenbar einen falschen Gang nimmt, denn aller Zugewinn in lebensvoller (Geist-) Entwicklung – und nur dieser Lohn verbleibt – liegt über der eng gesteckten Zeit des Daseins, ist also etwas, das einer völligen Umorientierung bedarf: der Blick soll stetig – zwar im weltlichen Wirken – doch über dieses Sein hinaus gerichtet werden. Von dorther kann eine Aussicht auf Kommendes, viel Höheres in dies Leben schon einstrahlen, aber nur, indem es für das Werk lohnt, das eben schon über das Weltliche hinauszielt, und dabei mit dem Werk ‘dem Werk gemäß’ (als Arbeit zur Rückkehr und Einswerdung) verfährt. Materielle Güter, Wohlergehen jedweder Art mögen zwar als Lohn aufgefasst sein, mögen auf vorderer Ebene pragmatischen Nutzen zum (Über-)Leben haben oder zu besserer Zufriedenheit gereichen – aber eben gilt dies nicht für das höhere oder ewige Erringen, so bleiben diese zuletzt nicht mehr als bestenfalls angenehme -und höchst vergängliche – Begleitung. Wahre Errungenschaft indes wird durch Aspekte geistbezogener Rückwirkungen bereits im Hier Zeichen seiner Art vollbringen. Dies meint allgemein gesagt eine energetische Hebung, die Teilhabe am Zielhaften gewähren kann – und sei sie noch so ‘gering’ in Relation zum Geistigen als Ganzen – so ist sie doch in ihrem Erscheinen mit besonderer Gewißheit über ihren Vollzug und ihre Richtigkeit und Unabdingbarkeit versehen, denn auch dies Geringe ist aufgrund seiner Teilhabe schon mehr als groß zu nennen: “Die Entdeckung des göttlichen, absolut Unendlichen selbst als des Grundes der eigenen (abkünftigen) Unendlichkeit (die sich in der unendlichen Kraft des Geistes manifestiert), die Möglichkeit einer denkenden Berührung mit der ‘Unendlichkeit selbst’, gibt dem Geist … die Gewißheit eines unendlichen Lebens auch nach dem Tode des ‘Endlich -Unendlichen (W. Beierwaltes über Ficino).