Archetypus und Eidos

C.G. Jung: ” ‘Archetypus’ ist eine erklärende Umschreibung des platonischen ‘eidos’.” “Wenn unser natürliches Erbe sich verflüchtigt hat, so ist, um mit Heraklit zu sprechen, auch aller Geist aus seiner feurigen Höhe heruntergestiegen. Wenn aber der Geist schwer wird, so wird er zu Wasser, und der Intellekt hat, in luziferischer Überhebung, sich des Sitzes, auf dem der Geist einst thronte, bemächtigt. … der Weg der Seele, die den verlorenen Vater sucht, führt darum zum Wasser, zu jenem dunklen Spiegel, der in ihrem Grunde ruht.”   (Zusatz von mir: Das Wasser meint hier also das Unbewußte.) 
Zur Bestimmung: Der Eidos ist Ausdruck des Nous in seiner Wandlung zur Vielheit (dies im Zurückblick auf das Eine).  Die Seele hingegen ist untere Hervorbringung des Nous. Insofern sind die Eide nicht explizit in der Seele, aber Seele und Eide sind  aus der selben Substanz, hypostasieren beide aus dem Geist.  Die Eide stehen dabei über der Seele. Während der Nous  die geistige Vielheit (die Ideen) und so das eigentliche Wesen des Seienden  konstituiert, konstituiert die Seele mit Blick auf die in ihr enthaltenen  logoi (die wiederum auf die Eide zurückgehen) die Vielheit der Erscheinungswelt. Die Seele wird dann  in ihrer Rückwendung auf die Ideenordnung sich ihres eigenen Seins (besser: ihrer Herkunft) bewußt, indem sie  die Selbsthypostasierung des Nous als ihre Genese begreift und diesen Prozeß umkehren muß. Die neuplatonische Telosformel ‘Ähnlichwerdung mit Gott’ meint dann psychologisch die Durchwaltung der unbewußten Seelenaspekte hin  zu ihrer transpersonalen Tiefe und Ausdehnung in dieser Begrifflichkeit (die sie für die reduzierte hiesige Warte in gewisser Weise erst erschaffen muß) und darüber hinaus. In diesem Sinne wäre  der Aufgang ins Geistige eben ein Weg durch die hierarchisierte höhere Wesenhaftigkeit  des (eigentlichen) Selbst und Seins  und darin ein ständiges Überschreiten bzw. Integrieren zum Nächsthöheren und  zum Einenden. Die hierin residierende  Unbestimmtheit oder Transzendierung  unserer raumzeitlichen Begrifflichkeit hat  C.G. Jung genau gesehen:
“…denn was nach dem Tode kommt, ist unerwarteterweise eine grenzenlose Weite voll unerhörter Unbestimmtheit, anscheinend kein Innen und kein Außén, kein Oben und kein Unten, kein Hier und kein Dort, kein Mein und kein Dein, kein Gutes und kein Böses. Es ist die Welt des Wassers, in der alles suspendiert schwebt, wo das Reich des ‘Symphatikus’ der Seele alles Lebendigen, beginnt, wo ich untrennbar dieses und jenes bin, wo ich den anderen in mir erlebe und der andere als Ich mich erlebt. Das kollektive Unbewußte ist alles weniger als ein abgekapseltes, persönliches System, es ist weltweite und weltoffene Objektivität. Ich bin das Objekt aller Subjekte in völliger Umkehrung meines gewöhnlichen Bewußtseins, wo ich stehts Subjekt bin, welches Objekte hat.”
Flankierend zur  Erklärung, daß es sich hier um weit mehr als eine Symbolsprache, ja  nicht weniger als um eine sprachliche Annäherung an eine höhere existente Formenhaftigkeit handelt, nur ein Schlaglicht auf die schamanische Empirie des Don Juan Matus: “Ich veränderte meine Augen um zu sehen, wie sein persönliches Leben sich auflöste und sich unkontrollierbar über seine Grenzen hinaus ausdehnte, wie ein Kristallnebel; denn so ist es, wenn Leben und Tod sich verbinden und ausdehnen. So verhielt es sich, als mein Sohn starb.”