Telos und Zwang


Bertrand Russel: “Es ist klar, daß ein autokratisches System, so wie es von Hegel oder den heutigen Schülern von Marx befürwortet wird, theoretisch nur auf der Basis eines unbestreitbaren Dogmas zu rechtfertigen ist. Wenn man zu wissen meint, welche Zwecke das Universum in bezug auf das menschliche Leben verfolgt, was mit Sicherheit geschehen wird und was für die Menschen gut ist, selbst wenn sie selbst anderer Meinung sind; wenn man wie von Hegel sagen kann, daß die eigene Geschichtstheorie als ein Ergebnis nur einem selbst bekannt sei, weil man das ganze Feld durchmessen habe – dann wird man auch davon überzeugt sein, daß kein Grad des Zwanges zu groß ist, wenn er zum rechten Ziel führt.”

Dies mag für den säkularen Telos Geltung haben, der (politische oder gesellschaftliche) Zwang ist hier Ausdruck einer Usurpation des transzendenten Telos aus einem Minder-Status der Protagonisten und ihrer subjektiv-separaten Ansicht heraus. Die eigentliche Zweckbestimmung aber entzieht sich solcher Dienstbarmachung, ja der bewußten Ausführung überhaupt, meint die welt- transzendierende (noch unerklärte) Rückexplikation in allen Dingen vor alle Dinge. Dieser Zweck folgt – wenn man so will – einem Zwang seiner selbst, der Mensch aber ist hier lediglich untergeordneter (Bewußtseins-) Träger und nur Glied im Durchgang der Evolution eben dieses Geschehens. Wille und Willkür in diesem nicht-selbsterfüllenden Sinne bedingen indes eine Dialektik, die die Rückexplikation erschwert und doch in gewisser Weise in ihrer anschaulichen Komplexizität erst bedingt.

Der Physiker Wolfgang Pauli: “Entgegen der strengen Einzelung der Aktivität des menschlichen Geistes in getrennte Departemente seit dem 17. Jahrhundert halte ich aber die Zielvorstellung einer Überwindung der Gegensätze, zu der auch eine sowohl das rationale Verstehen wie das mystische Einheitserlebnis umfassende Synthese gehört, für den ausgesprochenen oder unausgesprochenen Mythos unserer eigenen heutigen Zeit.”

Und hierin ist kein anderer Zwang als nur die Notwendigkeit des Einen zu sich selbst.