Bertrand Russel: “Die wirklichen mächtigen Gegner, mit denen Plato und Hegel kämpfen mußten, waren nicht die Skeptiker, sondern die Empiristen, in dem einen Fall Demokrit, im andern Locke. Bei beiden war der Empirismus mit Demokratie und einer mehr oder weniger utilitaristischen Ethik verknüpft. In beiden Fällen gelang es der neuen Philosophie, sich vornehmer und tiefgründiger darzustellen als die Philosophie des alltäglichen common sense, die sie beiseite drängte. In beiden Fällen machte sich die neue Philosophie im Namen alles Erhabenen zum Vorkämpfer von Ungerechtigkeit, Grausamkeit und Reaktion. Im Falle Hegels ist dies allmählich mehr oder weniger erkannt worden, im Falle Platos ist es noch heute unklar geblieben.”
“Empirie (vom Altgriechischen ἐμπειρία empeiría [ebiría]: ‘Erfahrung, Erfahrungswissen’ ist eine methodisch-systematische Sammlung von Daten. Auch die Erkenntnisse aus empirischen Daten werden manchmal kurz Empirie genannt.” (Wikipedia)
Es ist ersichtlich, daß Datenlagen ganz abhängig sind von den Möglichkeiten ihrer Zeit, in der sie erstellt werden, daß ihre Gültigkeiten also ständiger Entwicklung und Veränderung unterliegen. (Und ein Schritt weiter noch: Daß sie gar durch Beobachtung und Sammlung erst evoziert werden!) Wie rudimentär aber mutet uns also die antike Empirie an, und welche Gültigkeit kann sie demnach für uns heute noch besitzen? Wohl kann sie keine Gültigkeit ihrem Inhalt nach haben, sondern vielmehr kann sie nur ihrem Wesen nach als eine Methodik überdauern, die aber dann eben besagt, daß (wissenschaftliche) Einsicht und Evidenz gebunden ist an den gegenwärtigen Stand und wir schon jetzt uns in die Zukunft versetzend unser Heute im Rückblick betrachtend ausreichend Zweifel an der Gültigkeit jetziger Datenlagen hegen müssen.
Mit Blick auf die griechische Philosophie: während Platon sich der Symbolik seiner Geometrie bedient, um auf ein tieferes Verständnis der Materie zu leiten, ist Demokrits Bild gleichbedeutend einer Interpolation, die in ihrer Symbolhaftigkeit das Bild der Materie gleichsam usurpiert bis schließlich das Symbol für das Eigentliche genommen wird. (Rudolf Steiner sagt passend “Man nimmt die Begriffe für Wirklichkeiten.”) Die heutige Datenlage zeigt freilich eine hohe Kompatibilität mit Platons offenerem Ansatz – der zuletzt ein Immaterialismus ist -, während Demokrits Modell im Kern nur äußerem Verständnis dient und prinzipiell ontologisch obsolet ist. Die eigentliche Klammer aber um Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft ist die tiefste -vorempirisch angelegte – Einsicht. Heisenberg: “Ähnlich wie bei Plato sieht es daher so aus, als liege dieser scheinbar so komplizierten Welt aus Elementarteilchen und Kraftfeldern eine einfache und durchsichtige mathematische Struktur zugrunde.”
Und was die Datensammlung einst in Zukunft noch zu erkennen und in objektiver Weise darzulegen hat, ist dem Menschen (bedingt durch innere Anlage und einer metaphysischen Empirie) seit Urzeiten schon bekannt.