Veräußerung des Inneren

Friedrich Schiller: “Solange der Mensch bloß empfindet, bloß begehrt und aus bloßer Begierde wirkt, ist er noch weiter nichts als Welt.”
“Um also nicht bloß Welt zu sein, muß er der Materie Form erteilen, er soll alles Innere veräußern und alles Äußere formen. Beide Aufgaben, in ihrer höchsten Erfüllung gedacht, führen zu dem Begriff der Gottheit zurück, von dem ich ausgegangen bin.” 

Hierzu C.G. Jung: “Dieser Zusammenhang ist bedeutsam. Setzen wir, das Objekt des sinnlich Gefühlten sei ein Mensch – wird er sich dieses Rezept gefallen lassen? Wird er sich formen lassen, wie wenn der, der auf ihn bezogen ist, sein Schöpfer wäre? Gott im kleinen zu spielen, dazu ist ja der Mensch berufen, aber schließlich haben auch die leblosen Dinge ein göttliches Recht auf ihr eigenes Sein, und die Welt war längst kein Chaos mehr, als die ersten Menschenaffen anfingen, Steine zu schärfen. Es wäre wohl ein bedenkliches Unternehmen, wenn jeder Introvertierte seine beschränkte Begriffswelt veräußern und das Äußere danach formen wollte. Solches geschieht zwar täglich, aber der Mensch leidet auch, und zwar mit bestem Recht, an dieser Gottähnlichkeit.” 
Zur Ästhetisierung des Raumes: Im ersten Schritt mag man dies “Gott spielen” nennen. Die Veräußerung des Inneren führt aber zur Verinnerlichung der äußeren Welt und somit zur Bewegung hinauf – weg von der Hiesigkeit – eben “zum Begriff der Gottheit zurück”. Dies ist also kein Akt der Schöpfung etwa  im biblischen Sinne, sondern ein vom Innen schöpfender Akt zur Transzendierung der Umgebung und so ein Akt zur Vollendung der Schöpfung zu ihrer Überwindung in ihrer Gestaltung zum Höchsten. Schillers Äußerung ist ihrem Wesen nach zutiefst (neu-)platonisch. Das Äußere formt sich nach dem Wesen, das eigentlich und ungeteilt hinter der Erscheinung – und so auch im Menschen selber –  residiert, es nimmt Gesicht an im Gedanken, im Geistigen, als Ahnung, die Dinge werden Verweis und  explizierte Blickrichtung zur Wesentlichkeit, daher – weil das Höchste ästhetisch vollkommen ist, beschreiben sie auch ein Verhalten zur Schönheit und Form in idealer Anordnung. Die Dinge werden zum Symbol und Träger des erahnten und erfühlten Gehalts, dies eben, indem man die Dinge formt, indem man von den Dingen das auschließt, was sie bindet und verfestigt und trennt, indem man – fast paradoxerweise gesagt – das ausschließt,  was sie verdinglicht. Das heißt für die praktische  Ästhetisierung , daß die Gestalt im Aufeinander-Bezogensein, im Aufstrebenden und in der Tendenz zum Luziden bestehen muß.  Als Kunstform zeigt sich diese Bewegung im Übersteigen des Weltlichen, des Verhafteten (hierzu auch gehört die Intention) und in der Ansicht und Sichtbarwerdung des Strebenden, Explorativen, Lebendigen, Aufsteigenden.  Ein inneres Ruhe-Haben indes wird hiervon nicht tangiert, denn eine solche  Grundhaltung ist in sich selbst befestigt, da sie Bewegung in der eigenen – höheren – Ruhe umschließt, was somit eine Grundkonstitution der mystischen Seinsweise meint.
Wenn man weiß  – um hier im Ausgang z.B. auf Hegel zu verweisen – , daß die Identität des Systems durch einen Prozeß der Selbstdifferenzierung  und in der Rückkehr zu sich selbst aus seiner Differenzierung begründet ist, dann ist eben die Rückkehr die Anbindung aller Vereinzelung an diesen idealen Punkt,  und vor allem ist der Gang über die Einzeldinge, die nun bewußt und (nach dem Telos) geplant sind und dem Zufall entrissen – von transzendierender Notwendigkeit.