Die Pflicht

Fichte: “Die Stimme des Gewissens, die jedem seine besondere Pflicht auferlegt, ist der Strahl, an welchem wir aus dem Unendlichen ausgehen, und als einzelne, und besondere Wesen hingestellt werden; sie zieht die Grenze unsrer Persönlichkeit; sie also ist unser wahrer Urbestandteil, der Grund und Stoff allen Lebens, welches wir leben. Die absolute Freiheit des Willens, die wir gleichfalls aus dem Unendlichen mit herabnehmen in die Welt der Zeit, ist das Prinzip dieses unsres Lebens. – Ich handle. Die sinnliche Anschauung, durch welche allein ich zu einer persönlichen Intelligenz werde, vorausgesetzt, – läßt sich sehr wohl begreifen, wie ich von diesem meinem Handeln notwendig wissen müsse; ich weiß es, weil ich selbst es bin, der da handelt; – es läßt sich begreifen, wie vermittelst dieser sinnlichen Anschauung mein geistiges Handeln mir erscheine als Tat in einer Sinnenwelt, und wie umgekehrt, durch die selbe Versinnlichung, das an sich rein geistige Pflichtgebot mir erscheine, als Gebot einer solchen Tat; – es läßt sich begreifen, wie eine vorliegende Welt, als Bedingung dieser Tat, und zum Teil, als Folge und Produkt derselben, mir erscheine.”
(Fichte, Die Bestimmung des Menschen)

Intention zum Sein bedingt Sein in der Welt als Individuum, und was sich daraufhin materiell abbildet, ist Resultat geistiger, feinstofflicher Tat. Umgekehrt bedingt die Art des materiellen Seins auch den (hiesigen) Geist, der auf den ersten Geist zurückwirkt. Nur ein Handeln im Sinne des Werkes (zum hohen) verleiht daher dem Dasein seinen Sinn: Eine (individuelle) Pflicht entwickelt den Mensch von seinem Stand zu seiner Bestimmung hin. Er wird damit gegenwärtig und ewig. Kommt jene Pflicht zur Erfüllung, verläßt der Mensch also die benannte Abgrenzung vom Ganzen. So liegt die Erlangung aller Freiheit eben in der Bewältigung seiner Pflicht dorthin. Durch sein pflichtgemäßes Tun erhebt sich der Mensch zur Freiheit, die seine geistige Bestimmung und Verwirklichung meint.