Carlos Castaneda: “Don Juan stellte fest, daß es im Leben des Kriegers ganz natürlich sei, ohne offenkundigen Grund traurig zu sein. Die Seher behaupteten, daß das leuchtende Ei, als Energiefeld, seine letzte Bestimmung spüre, sobald die Schranken des Bekannten durchbrochen seien. Schon ein flüchtiger Blick in die Ewigkeit außerhalb des Kokon genüge, um die Behaglichkeit unseres Inventars zu stören. Die daraus folgende Schwermut sei manchmal so stark, daß sie den Tod herbeiführen könne.
‘Es gibt nichts Einsameres als das Alleinsein. Und nichts ist für uns behaglicher, als ein Mensch zu sein. Tatsächlich ist dies schon wieder ein Widerspruch: wie kann der Mensch die Bindungen seines Menschseins behalten und sich gleichwohl mit Freuden und absichtlich in die absolute Einsamkeit der Ewigkeit vorwagen? Wenn du erst dies Rätsel gelöst hast, wirst du bereit sein für die endgültige Reise.’
Jetzt wußte ich mit absoluter Gewißheit den Grund für meine Traurigkeit. Es war ein oft wiederkehrendes Gefühl bei mir, das ich stets vergaß, bis ich wieder dasselbe erkannte: die Winzigkeit des Menschseins gegenüber der Unermeßlichkeit jenes Ding-an-sich, das ich im Spiegel reflektiert gesehen hatte.
‘Der Mensch ist wirklich ein Nichts, Don Juan’, sagte ich.
‘Ich weiß genau, was du meinst’, sagte er. ‘Sicher, wir sind nichts. Aber genau dies macht die elementare Herausforderung aus, daß wir, ein Nichts, tatsächlich der Einsamkeit der Ewigkeit entgegentreten können.’ “
Wie aber kann das Eingehen in ein Nichts als ein Nichts die letzte und freudvolle Bestimmung sein, so daß die Ahnung hieran das als wahr bezeichnete hiesige Leben derart in Schwermut stürzt? Dies Nichts ist ja kein Nichts in unserem Sinne, sondern die Nichtung des Bekannten und dann gar des Erkennbaren, denn das Angleichen des Eigenen in dieser Nichtung mit dem Einen führt zur Einswerdung, die aber in ihrem Selbstbegriff der Totalität kein Objekt zur Gesellschaft mehr vermissen kann, weil sie die Objektivierung und gegenseitige Betrachtung und Kausalität nicht mehr vonnöten hat. Aus dem Alleinsein wird die Alleinheit als eine All-Einheit, (im Englischen das alone zum all-one).
Volkmann-Schluck über den Neuplatonismus:
“Der Ursprung des Seienden ist … ein Nichts, und nur als Nichts kann er Ursprung der Wesen sein.”
“Das Nichts bedeutet nicht Nichtigkeit, sondern als Nichtsein aller eidetischen Bestimmtheit eine alles Seiende an Seinsrang überragende Weise zu sein.”
Und so auch des Menschen Angleichung: Nicht Nichtung seiner selbst in eben einem Sinne zur Nichtigkeit, sondern im Sinne (s)einer Andersheit in Totalität.