Konservativismus, unkonsolidiert

Allerorts erkennt man ein Sich Scharen um wohlklingende oder bedeutungsschwere Namen oder Termini oder Konzepte, eher um des eigenen Besserergehens, aber ohne Durchdringungswunsch. Eine Form der Vermeidung und Tarnung zugleich, eher noch eine Expose innerer Erstorbenheit. Denn das Sich-Einrichten in ästhetisierender Begrifflichkeit bezeichnet ein Verharren außerhalb des Seinsbezuges. Und außerhalb des Seins ist kein Leben.
Dieser Satz läßt sich gerade passend in Bezug zum Kirchenkonservativismus setzen, und schließlich ist man hier mit einem besonders hartnäckigen Problem des Konservativismus im Allgemeinen konfrontiert, und man sieht kaum eine Chance, dieses je zu überwinden: Denn man hegt den Wunsch nach Sammlung, man möchte sich konsolidieren, rekurriert zur Konsolidierung auf eine Position, die als bestandswürdig deklariert wird, die genau besehen dabei aber in sich selbst eben das Gegenteil ist, weil sie den eigentlichen Bezug und Wesensgehalt der Proklamation vermissen läßt und so der evidenten Grundlegung entbehrt und damit einen Mangel an innerer Konsistenz (und so an Beweis- und Überzeugungskraft) aufweisend vielmehr eine Tradierung und Tradition willkürlicher Bezüge darstellt, die vom Charakter her viel eher politisch-historische Setzungen widerspiegeln als alles Andere, weil eben die eigentliche transzendente Verursachung nicht aufgesucht, in ihrer Bedeutung gar abgewiesen wird und folgerichtig in ihrer Willkür unter jeder kritischen Methode kollabieren muß und sich so zuletzt nur über repressive Maßnahmen am Leben erhalten kann und damit zu kaum mehr taugt als zur Aufrufung dialektischer Gegenkräfte. Diese Definition von Tradition entbehrt nicht weniger als ihrer eigenen Grundierung- man stelle sich einen Baum ohne Wurzel vor, den man also pflegt und zu prächtigem Leben verhelfen will. So bleibt ihm bestenfalls nur ein Symbolisches mit vagem Rekurs, etwas im Sinne des Wortes Konserviertes zur äußeren Bestandswahrung, was zwar noch nicht bedeuten muß, daß ihm in der Schwäche seiner Existenz seine Eigentlichkeit vollkommen wesensfremd geworden sein muß, was zumindest aber von dem, der die Proklamationen ausgibt, ohne Kontext für die vitale Ursache unternommen wird – und gerade hier liegt der Mangel. Daher kann hier viel passender von einem Ästhetitizismus die Rede sein. Alles ist Symbol, Ritus, Lithurgie, Sakrament, Maske zuletzt. Es wird kein Auftrag mehr erkannt und unternommen, das Symbolische seiner Gegenwärtigkeit und Intention zurückzuführen – im Gegenteil wird dies sogar mit einem Verdikt belegt. So wird das Heilige zum Gedenken, es wird museal und hat keine zukunftsweisende Kraft. Es handelt sich um eine Sache der wohlwollenden Betrachtung und der psychologischen Protektion und der pragmatischen Verortung, nicht aber um ein Ding des Daseins selber, nicht um den aktualen Seinsvollzug mit (bzw. in die) Zukunft. Außerhalb des Seins ist kein Leben -und ebenso keine Spiritualität!