Eternalistische Seele

G. Coleman: “Im allgemeinen buddhistischen Gebrauch bezieht sich der Begriff ‘Eternalist’ auf die vier sogenannten eternalistischen Schulen im alten Indien, nämlich den Samkhya, den Vishnuismus, den Shivaismus und den Jainismus, welche die Existenz eines unabhängigen Selbst oder einer Seele (atman) postulieren. Im Gegensatz dazu identifizieren die buddhistischen Schulen das Selbst (oder Ich) in Begriffen der fünf psycho-physischen Aggregate (wie Empfindung, Wahrnehmung, …Neigung) und akzeptieren deshalb keine Vorstellung eines Selbst als einer ewigen, unveränderlichen und unabhängigen existierenden Entität. Eternalismus ebenso wie Nihilismus gelten im Buddhismus als die beiden extremen Ansichten, die man vermeiden sollte, wenn man auf dem mittleren Weg Einsicht in die Leere, die wahre Natur der Wirklichkeit, sucht.”
 
Das Selbst als Hervorbringung (der Raumzeitlichkeit) muß nach meiner Meinung einer tieferen Herleitung folgen als in dieser Konzeption angedeutet.  Die Aggregate, auch als  “Gruppen der Anhaftung” (Sanskrit: Skandhas) benannt,   bzw. deren innere und auf Wechselseitigkeit beruhende Kausalitäten betrachte ich nicht  als wesenhaft konstitutiv, denn zwar konstituieren sie die Verfassung des Selbst, nicht aber das eigentlich Substanzielle des Selbst.  Die menschliche Persönlichkeit kann zwar recht zureichend durch diese Daseinsfaktoren beschrieben werden, jedoch offenbart sich so ein zu sehr auf die Hiesigkeit gerichteter, zuletzt unzureichender  Blickwinkel, der die wesenhaft transzendente Disposition  des höheren, des tatsächlichen Selbst  nicht ausreichend beleuchtet.  Viel eher ist etwas zu denken, was sich  nicht  in Wahrnehmungsfaktoren auflösen läßt und daher substanziell mehr Sein und Beständigkeit hat als die Form des Selbst selber – nämlich ein im Bewußtsein wirkender apriorischer Grund , ein Über- oder Anders-Sein einer apriorischen Wahrheit oder Entität , was in dieser  höheren Form also substanziell geistig gemeint ist und als erschaffendes Prinzip im Sinne von atman benannt werden könnte. Ohne diese Herleitung fehlt dem Konzept der Skandhas der ursächliche Impetus, der Impuls, überhaupt Faktoren und Bedingtheiten darzustellen.
Für den Neuplatonismus sei hier Plotin angeführt: “…so ist die Seele selbst der ausgesprochene Gedanke des Geistes, die ganze Wirkungs-und Lebenskraft, die er ausströmt, um ein anderes zur Existenz zu bringen.”
“Da also de Seele vom Geist stammt, ist sie nur geisthaft, ihr Geist bewegt sich in Überlegungen, ihre Vollendung erhält sie erst wieder vom Geist, der gleichsam wie ein Vater den Sohn aufzieht, den er als ein im Verhältnis zu ihm noch Unvollkommenes gezeigt hat. So kommt also der Seele die Existenz vom Geist.  … denn es ist nichts zwischen ihnen (Geist und Seele) als die Andersheit, diese jedoch besteht nur in dem Sinne daß die Seele die nächste Stufe und der aufnehmende Stoff ist, der Geist aber die Form; und selbst diese Materie des Geistes ist noch schön, da sie geisthaft und einfach ist.”