Dynamische Identität?

Werner Beierwaltes über Proklos:
“Nicht das Sein des einen fällt mit dem anderen zusammen im Sinne einer tautologischen Identität, sondern die einzelnen Elemente sind Alles oder in Allem in der Weise des Mit-Seins.
…Dynamisch ontologische Identität sagt also, daß Identität im Hinblick auf das Sein jeder Trias und des Systems aller Triaden immer auch Differenz einschließt, so daß das System, welches das Ganze von Seiendem und Überseienden ist, nie als absolute, homonyme oder monistische Identität verstanden werden kann. Die Charakterisierung der Identität als dynamische zeigt aber auch an, daß die in der Identität selbst mitgesetzte Differenz die Einheit des Einzelnen und des Ganzen nicht zerstört, sondern vielmehr diese zu einer, gerade durch die Andersheit des Einzelnen intensivierten, lebendigen Einheit macht.”

Meister Eckhart: “Wenn man einen Tropfen ins wilde Meer gösse, so verwandelte sich der Tropfen in das Meer und nicht das Meer in den Tropfen. So auch geschieht es der Seele: Wenn Gott sie in sich zieht, so wird sie verwandelt in Gott, so daß die Seele göttlich wird, nicht aber Gott zur Seele. Da verliert die Seele ihren Namen und ihre Kraft, nicht aber ihren Willen und nicht ihr Sein. Da bleibt die Seele in Gott, wie Gott in sich selber bleibt.”

Und in diesem Kontext stellt und löst sich die Frage nach dem Erhalt der seelischen Identität eben im höchsten Aufgang zum Einen. Man sollte hier somit nicht einem Widerspruch zwischen Identität und Differenz nachgehen, sondern sich vielmehr in einer Zusammenkunft der Begrifflichkeiten versuchen – denn das Ganze konstituiert sich aus Teilen, ist also nur durch das Teil, das ja ihm ist, aber nicht als Besitz, sondern als Voraussetzung, als innere Konstitution – das wiederum heißt, das Teil ist das Eine selbst in der Hinsicht zur Summe, und zwar nicht mehr im gebräuchlichen Sinne als Teilmenge, sondern es ist im inneren Wesen und konstitutiven Moment Gleichrangiges, wenn es wesens-univok sich seiner Ewigkeit nach als Blickendes erschaut und so findet wie es ungeteilt ist, als letzte Bedingung zum Grund und zum (vor-)gestaltigen Einen.