Selbstverwirklichung

Bekannt ist der konservative Anwurf bezüglich der -zumindest vorgeblich- geschmähten “Selbstverwirklichung”, die man zu gerne als zügelosen Hedonismus gleichsetzt, als Gegenmodell gewohnt die Verantwortlichkeit durch Familiengründung setzend. Hierzu drei Anmerkungen: 1) Nachwuchs bietet die allereinfachste Form der Sinnstiftung, 2) Nachwuchs bedeutet den gelebten Egoismus der Gene,  3) und spirituell bedeutet dies die maximale Einlassung und Verhaftung im Weltlichen.
“..so ist die Aufgabe meiner Eigenheit letztlich etwas, was man als eigentliche Selbstwerdung benennen kann und darum auch das Werden und das Zustandekommen meiner eigentlichen Freiheit ist: ich verwirkliche mich in diesem Moment nicht mehr auf der Stufe und Ebene des Zufälligen, Kontigenten und Individuellen, sondern auf der Stufe des Allgemeingültigen, Überindividuellen und im eigentlichen Sinne des Wortes Freien.”– [M. Scherbaum über Meister Eckhart]. Die tatsächliche Verwirklichung liegt also immer über der Selbstverwirklichung (führt aber eben durch jene [die man Individuation nennt] hindurch und in der Folge dann über ihre subjektzentrierte Bestimmung hinaus. So ist selbst der unreflektierte Wunsch nach veräußerterer Verwirklichung in letzter Instanz als vulgärtranszendentes “Atman Surrogat” (nach Stan Grof) interpretierbar, somit als gar nichts anderes als (zwar verhinderter oder rudimentärer) Weg zum Eigentlichen.
Gemäß folgendem Meister Eckhart– Wort wird aber die ganze eigentliche Intention und Konsequenz aller echter Ausdehnung offenbar (und plötzlich stehen wir mitten im Buddhismus): “Du sollst ganz deinem Deinsein entsinken und in sein Seinsein zerfließen, und es soll dein Dein in seinem Sein ein Mein werden so gänzlich, daß du mit ihm ewig erkennst seine ungewordene Seinsheit und seine unnennbare Nichtheit.”
[Meister Eckhart, Deutsche Predigten und Traktate]