Schopenhauers Definition des Begriffes der Liebe:
“Die Liebe ist das Übel.”
“Sie wurzelt allein im Geschlechtstrieb.”
“Alle Verliebtheit, wie ätherisch sie sich auch gebärden mag, wurzelt allein im Geschlechtstriebe, ja, ist durchaus nur ein näher bestimmter, spezialisierter, wohl gar im strengsten Sinn individualisierter Geschlechtstrieb.”
“Sie ist eine metaphysische Macht.”
“Was zuletzt zwei Individuen verschiedenen Geschlechts ausschließlich zueinander zieht, ist der in der ganzen Gattung sich darstellende Wille zum Leben.”
Und Volkmann Schluck über den Neuplatonismus: “Uns ist das Seiende nicht anwesend als ein immer schon gegliedertes Allbeisammen in Einem. Deshalb bedarf es von unserer Seite besonderer Anstrengungen, wenn es uns gelingen soll, das wahrhafte Sein auch nur von ferne zu erblicken. Dabei kann uns das, was Plato über den eros gelehrt hat, eine Hilfe leisten. Die Liebe ist immer Liebe zu einem einzig Einen, und sofern das Denken vom Eros getragen wird, ist es ein Zusammensehen des vielen Gedachten in das Eine, welches alles Gedachte einheitlich ist.”
Schopenhauers Definition der Liebe richtet sich stark auf ihre ins Hiesige gewandten Implikationen, umfasst somit nur einen Bruchteil des wahren Sachverhaltes. Liebe als solche ist immer im Vollzug eines Telos zu sehen, das sich nach dem alles Vereinigenden (dem höchten Grund und Beginn, dem neuplatonischen Einen) richtet. So auch der Künstler im Produkt zum Höheren durchstößt und, ohne an der äußeren Form zu verweilen, einen Prozess der Innerlichkeit anregt, der Außerweltliches erschließen will, kann die in das Objekt hineintransferierte und wirkende Liebe als exemplarisch das Wesen der Liebe an sich, die eben zur Einheit und zum Einen strebt, in gewisser Art erschauen und erleben lassen, sie dabei in ihren Außenaspekten jedoch nicht entsprechend ihrem eigentlichen Wesen darstellen. Diese Aspekte ihrer uneigentlichen Konkretion sind es hingegen gerade, die Schopenhauer beschäftigen und zu seinen Urteilen führen. Seine ‘metaphysische Macht’, sein ‘Wille zum Leben’ kann dabei neuplatonisch als die Seele in ihrem nach unten zeigenden Schaffensdrang (zur Welt) gedacht werden. Die Liebe indes steht als Qualität des Ur-Einen weit über dem.
Freilich bleibt alles, was mit der Hiesigkeit auf irgendeine Art verbunden ist, selbst in der Erhöhung nur Andeutung und Ahnung des Eigentlichen. Es muß aber angenommen werden, daß aller Drang zum Vereinigenden auf einem -letztlich allem immanenten – tieferen Wissen um die Defizienz der Objekt-Subjekt-Relation oder der Auseinanderheit beruht. Gerade die Geschlechtlichkeit meint hier eine Offensichtlickeit über den Versuch der Integration des außer sich selbst verorteten Aspektes zur Komplettierung, dies zum einen durch die Überwindung der Körpergrenze, die als ein vom Einen exkludierendes Momentum aufgefasst werden muß, zum Anderen durch die Zusammenführung des Verschiedenen, der Polariäten der Natur durch einen die Distraktion und Unterschiedenheit einenden Willen und Drang. Und auch der durch die Geschlechtsliebe bedingte Fall in die Reihe der genetischen Fortsetzung meint hier keinen Widerspruch zum Gesagten, denn auch er läßt sich zuletzt ebenfalls als Zweckrichtung zum Geist deuten: Denn die biologische Fortsetzung meint Evolution, ein Sich-Hinauf-Entwickeln auf der Zeitachse, ein nach oben-Streben, ein zum Licht hin Kommen, um schließlich (global) zur höchsten Bestimmung zu gelangen – was im biologischen Subjekt schließlich die Überwindung des Biologischen zum Geistigen meint. Dies ist das eigentliche ganze Ziel des Daseins und aller Willensakte.