Fichte: “Und so irret denn der arme Abkömmling der Ewigkeit, verstoßen aus seiner väterlichen Wohnung, immer umgeben von seinem himmlischen Erbteile, nach welchem seine schüchterne Hand zu greifen, bloß sich fürchtet, unstet und flüchtig in der Wüste umher, allenthalben bemüht sich anzubauen; zum Glück durch den baldigen Einsturz jeder seiner Hütten erinnert, daß er nirgends Ruhe finden wird, als in seines Vaters Hause. So ist das wahrhafte Leben notwendig die Seligkeit selber; und das Scheinleben notwendig unselig. Und von nun an überlegen Sie mir folgendes: Ich sage: das Element, der Äther, die substantielle Form, so jemand den letztern Ausdruck besser versteht – das Element, der Äther, die substantielle Form, des wahrhaftigen Lebens, ist der Gedanke. –
Zuvörderst dürfte wohl niemand geneigt sein, im Ernste, und in der eigentlichen Bedeutung des Wortes, Leben und Seligkeit einem andern zuzuschreiben, außer demjenigen, das seiner selbst sich bewußt ist. Alles Leben setzt daher Selbstbewußtsein voraus, und das Selbstbewußtsein allein ist es, was das Leben zu ergreifen, und es zu einem Gegenstande des Genusses zu machen, vermag.
Sodann: das wahrhaftige Leben, und die Seligkeit desselben, besteht in der Vereinigung mit dem Unveränderlichen und Ewigen: das Ewige kann aber lediglich und allein durch den Gedanken ergriffen werden, und ist, als solches, auf keine andere Weise für uns zugänglich.”
Aus den Unpanishaden:
“Der Einzelne und das All
Dies ist seine Größe (des Brahman); größer ist der Puruscha (das universale, urtümliche Wesen); ein Viertel von ihm umfasst alle Wesen; aus seinen weiteren drei Vierteln besteht der Himmel und die Unsterblichkeit; was sich Brahman nennt, ist der Raum, außerhalb des Menschen, aber dieser Raum, der außerhalb des Menschen liegt, ist der gleiche, der innerhalb des Menschen ist, und dieser Raum innerhalb des Menschen ist der gleiche, der im Herzen ist. Er ist die Fülle (das Absolute), das Unveränderliche.
Volles, unveränderliches Gedeihen genießt, wer dies in dieser Weise erkennt.”
(Chandogya-Upanishad, III, XII, 6-9)
Fichte: “Im Geiste, in der, in sich selber, gegründeten Lebendigkeit des Gedankens, ruhet das Leben, denn es ist außer dem Geiste gar nichts wahrhaftig da. Wahrhaftig leben, heißt wahrhaftig denken, und die Wahrheit erkennen.”
Hier wird selbstredend ein Rekurs auf den platonischen noetischen Seinsbegriff mit seiner Betonung der eigentlichen Verortung der intelligiblen Seinsart genommen.
Aber wie der Satz aus dem Upanishad zeigt, die unveränderliche, unendliche, immanente und transzendente Realität (Brahman) ist nur insofern vom Menschen verschieden, als er um diese immanente Einsheit nicht weiß. Selbstbewußtsein, denkendes Tätigsein sind jedoch hier nur Wegmarke, um aber eben gerade auch hinter das diskursive Denkend-Sein zum vertieften oder eigentlichen Selbst-sein zu kommen, um den Zugang zur Totalität des Seins selber aufzuschließen. Sofern die Fesseln des Körpers (bzw. seiner reduktiven Perzeption) nicht gelöst sind, bleibt der Aspekt der diskursiv-geistigen Tätigkeit lebensbestimmend, das Weltsein des Geistigen aber verborgen und in Gedanken übersetzt nur Geahntes bzw. Gedachtes. Die gedankliche Tätigkeit aber schafft dabei zugleich ein nötiges Bewußtsein, eine Grundhaltung, um das Denken und Sein selber für eine Art Energetik des feinstofflicheren Lebens zu bereiten, wo die feinstoffliche Apriorie Zugang zum (Jung‘schen) Selbst dieser Art erwirkt, daß transzendentes Leben (schon) in der Hiesigkeit zum latenten Konstitutivum wird. Fichtes ‘wahrhaft denken’ ist vielmehr wahrhaftes – ‘feineres’ Sein in ontischer, übergreifender und überbegrifflicher Kontinuität.