Zum Wesen der Synchronizität

Walter Bloch: “Synchronistische Ereignisse werden in der Regel von starken Gefühlen begleitet.
Synchronistische Ereignisse finden besonders in entscheidenden Situationen statt. Geburt, Tod, schwerer Unfall, Todesgefahr, Suizidversuch, Lebenskrise, Kennenlernen des Ehepartners, Hochzeit, Beginn oder Ende einer wichtigen Beziehung oder ähnliche.
Synchronistische Ereignisse lassen sich merkwürdigerweise ebenso oft symbolisch verstehen wie bedeutsame Träume
Synchronizität verbindet sehr häufig Innen- und Außenwelt, heftige Emotionen, Träume, eine Vision, einen bedeutsamen psychischen Zustand oder eine plötzliche Intuition mit Ereignissen in der Außenwelt.”

Dieser Ansatz zielt indes in eine recht irreführende oder wenigstens unzureichende, nur bedingt zuteffende Richtung, denn hier wird das koinzidentielle Geschehen zugleich mit einer Interpretation über Bedeutungen belegt bzw. dann überhaupt erst als solches wahrgenommen, wenn es derart zur Interpretation tauglich erscheint, und dabei wird sein Wesen mit verschiedenem subjektivem Ansinnen befrachtet, da über das eigentliche Phänomen hinausweisend persönliche Intentionen, Erwartungen usw. als durch Koinzidenzen bestärkt erscheinend interpretiert werden, obwohl die Koinzidenz ihrem eigentlichen Wesen nach hierüber erst gar keine Aussage trifft. Zwar ist im synchronistischen Geschehen die Person durch ihre Gedanken und Taten überaus involviert- aber tatsächlich gibt die Synchronizität zuvorderst nur Aufschluß über ganz grundlegende ontologische Dispositionen, ihr Inhalt ist dabei tatsächlich völlig nebensächlich – wie bedeutungsvoll er erscheint, liegt dann in der subjektiven Erfassung des Einzelnen.
Der Sachverhalt, daß Synchronizitäten auftreten, stellt aber viel weniger die Frage nach dem Erleben des Subjektes, denn nach der eigentlichen Verortung von Relation, Kausalität, Sinn, Dinglichkeit und Bedeutung als solcher. ‘Sinn’ bindet zwar die (vermeintlichen) Nicht-Kausalitäten -denn dies ist ja das Wesen der Synchronizität, die Akausalität zweier Dinge, die zusammenkommen- zur Koinzidenz – Sinn heißt hier Bezogenheit in verschiedener Hinsicht etwa durch Zuschreibung, Qualität, Wort, Name, Zahl – anders gesagt handelt es sich um Felder der Zugehörigkeiten, der Verwandtschaft, die im Umkreis des Geschehens erst gebildet werden. Von fundamentalem Interesse ist hier das Verhältnis von Geistigkeit und raumzeitlicher Expliziertheit. Gemäß dem Diktum “Alles ist Geist” und “Alles ist Eins” schließt sich koinzidentieller Sinn dort an, wo sich Zusammenhänge im und durch das Subjekt bemerken lassen, die aber offenbar einer höheren Ordnung der Zusammengehörigkeit gehorchen. Zusammenhänge entstehen insofern (hypothetisch) im Subjekt (und im vermeintlichen Außen) durch Überschneidung oder Nähe verwandter Zuschreibung, als sie offenbar im prä-objektivierten oder meta-subjektiven Raum, in dem auch das Subjekt -aktual!- ‘entraumzeitlicht’ ist, gebildet werden. Insofern wäre das Subjekt nun in seiner überraumzeitlichen Präposition das Agens zur Sinnbildung, und hier ist es soweit schon entsubjektiviert, daß es die Objekte, die außer ihm sind, in sich aufnehmen kann. Findet diese Disposition auch Eintritt in die raumzeitliche Situation des Subjektes, kommt es auch zu Entprechungen im hiesigen Welterleben. Man könnte auch sagen: Entsubjektiviert sich das Subjekt, wirkt es auch kausalitätsbildend -und sinnstiftend- auf das Hier -wobei ‘Sinn’ deutlich aposteriorische Qualitäten reduktionistischer Deutung aufweist.
C.G. Jung drückt ähnliche Verhalte in einer radikal gekürzten Formel aus: “Der Erreger erregt.” Und man bedenke hier auch eine Nahtstelle zu Fichtes Sollipsismus : “Wie ich mich finde, finde ich mich als Subjekt und Objekt, welche beide aber unmittelbar verbunden sind.”

Walter Bloch sagt auch: “Wenn Menschen einen entscheidenden Schritt auf ihre psychische Ganzheit tun (auf alles Wesentliche hin, das in ihnen angelegt ist, von dem sie aber bisher nur einen Teil verwirklicht haben), ereignen sich Synchronizitäten besonders häufig.”
Dies hingegen ist – gemäß dem oben gesagten – eine berechtigte Hypothese. Wirklichkeit führte demnach zu einer Korrespondenz der Zustände, insofern eine Kraft (des Selbst) wirken kann, die Ereignisse – innen wie außen- zusammenzuführen befähigt ist. Dem außerordentlich schwer erklärbaren Zustandekommen im Außen (das ja prinzipiell ein Hinzukommen eines ganz eigenes Agens mit ureigener Intention und Kausalität meint), ließe sich eventuell mit einer Analogie aus dem Computerbereich näher kommen. So wie ein Internetnutzer durch seine Tätigkeit sogenannte Cookies setzt, die ihm passende Inhalte zuführen werden, so legt der Geist eine Spur in die Nicht-explizierte Präposition, die anziehend wirkt auf die ähnlichen Sachverhalte des Raumzeit-Gefüges. Dies kann aber nur möglich werden, wenn alle Beteiligung substantiell auf einer gleichen feinstofflicheren Ebene korrespondiert, und dies indes erlaubt Aussagen bezüglich apriorischer Ganzheiten, wo sich subjektive, raumzeitlich (vermeintlich) unabhängige Kausalitäten nicht widersprechen.