C.G. Jung zitiert in den Fußnoten zu seiner Abhandlung ‘Synchronizität, Akausalität und Okkultismus’ zur Synchronizität:
” Unter dem Begriff der creatio continua ist nicht nur eine Reihe sukzessiver Schöpfungsakte, sondern auch die ewige Gegenwart des einen Schöpfugsaktes zu denken, im Sinne des ‘semper patrem fuisse, et genuisse verbum’ (immer sei der Vater gewesen und habe das Wort gezeugt. [Origines]), oder des ‘aeternus creator mentium’ (ewiger Schöpfer der Geister [Augustinus]. ) Gott ist in seiner Schöpfung enthalten… Was in der Zeit sukzessive geschieht, ist im göttlichen Geiste gleichzeitig: Eine unwandelbare Ordnung hält die wandelbaren Dinge in Beziehung zueinander, und in dieser ist alles zeitlos gleichzeitig, was in der Zeit NICHT gleichzeitig ist.”
Demnach könnte man während der synchronistischen Erfahrung , gerade vom monistischen Standpunkt betrachtet, den Selbstvollzug eines höheren bzw. impliziten Ordnungssystems-als jemand, der hieran eben ureigenen Anteil hat – in seiner Neigung und Gebrochenheit zur Hiesigkeit erkennen, in seiner Fragmentiertheit, somit als entferntes Auge, aber doch in einem ihm eigenen Blickwinkel . Das äußere und das innere Ereignis bezeugen in ihrem Zusammenkommen eine prinzipielle Ungetrenntheit der Substanz- bzw. Seinsbereiche. Sie werden (zumeist) erst in getrennten Medien zur Zwei, explizieren (nicht zwingend) gleichzeitig bzw. koinzidierend. Die Raumzeitlichkeit als Bezugspunkt ist dabei insofern vonnöten, als die Selbstreferenzialität des Geistigen, des Gedachten nur so eine Scheidung zur Beobachtbarkeit und Wirksamkeit und in diesem Sinne eine Rationalisierung durch den raumzeitlichen Beobachter erfahren kann. Man könnte auch sagen, daß nur auf diese Weise überhaupt eine Möglichkeit zur Objektivierbarkeit vorliegt. Koinzidenzen im rein Geistigen hingegen – das Inner-Geistige vollzieht sich wahrscheinlich nicht weniger synchronistisch- müssen schließlich im rein Subjektiven und Unevidenten verbleiben. Auch ist anzufügen, daß die Koinzidenz ebenfalls durch ein rein Äußerliches, dem gar nichts geistig hervorgeht, das auf ein zweites rein Äußerliches trifft, zustande kommen kann. Die Zusammenkunft zweier äußerer Ereignisse ist dabei noch schwieriger zu erklären als die geistig-materielle Koinzidenz, weil hier die Möglichkeit eines Wirkzusammenhangs durch geistige Vorbereitung oder mentale Akkumulation ganz entfällt. In den meisten Fällen ist der Synchronizität allerdings ein geistiger Fokus konstitutiv. Werner Heisenberg sagt bezüglich einer besonderen Koinzidenz, deren Zeuge er wurde: “Das Mögliche, das zu Erwartende, ist ein wichtiger Bestandteil unserer Wirklichkeit.”
Giordano Bruno sagt (in perfekter Parallele zu Augustinus): “Wenn wir also von Zusammensetzung sowohl in der Körperwelt wie in der Welt des Unkörperlichen sprechen wollen, so müssen wir sie in diesem doppelten Sinne auffassen und erwägen, daß in dem Ewigen immer EINE Materie unter EINER Wirkungsform gedacht wird, daß sie aber in dem Vergänglichen immer bald die eine, bald eine andere in sich schließt.”
“In jenem hat die Materie alles, was sie haben, und ist sie alles, was sie sein kann, auf einmal, immer und zugleich; diese hingegen hat es und ist es zu mehreren Malen, zu verschiedenen Zeiten und in bestimmter Aufeinanderfolge… Dennoch sind beide Eins und das selbe, und wie wir öfter bemerkt haben, der ganze Unterschied liegt nur darin, daß die eine zu körperlicher Existenz kontrahiert, die andere unkörperlich ist.”
“Die Ur-Intelligenz versteht das Ganze aufs Vollkommenste in einer Anschauung; der göttliche Verstand und die absolute Einheit sind ohne irgendeine Vorstellung das, was versteht, und das, was verstanden wird, in einem zugleich. So lasst uns denn, zu der vollkommenen Einheit emporsteigend, die Vielheit vereinfachen, wie die Einheit, wenn sie zur Hervorbringung der Dinge herabsteigt, sich vermannigfacht.”
Die Teilhabe in diesem monistischen Sinne (“Das Licht im eigenen Lichte” [Plotin]) hat Jung in seinen Betrachtungen zum Thema wohl recht sparsam ausgeleuchtet. Diese Teilhabe meint eben folgende Perspektive: Ich BIN der Prozess, bin Natura naturans und beobachte in Folge rationalisiert (also als rationalisierender Betrachter, als -vermeintlich- Außenstehender) die -doch selber-objektivierten natura naturata. Wir lesen bei Christian Tornau über Plotin: “Überall, wo etwas ist, ist das geistige Sein als seine Ursache direkt präsent. Körperliches Sein ist somit geistiges Sein, das an einer materiellen Grundlage sichtbar wird.” (!)
Die Synchronizität bietet hier sozusagen den beobachtbaren Nachweis dieser Ansicht, bietet Belege für die konstitutive geistige Nähe an ihren sichtbaren Objektivierungen.