Seelische Rückkehr

Plotin: “…Gottbegnadete Menschen, die von stärkerer Kraft sind und ein schärferes Auge haben, daher sehen sie sozusagen wie Fernsichtige den Glanz dort oben und heben sich dort hinauf gleichsam über die Wolken und den Dunst der irdischen Welt hinweg, und verbleiben dort in der Höhe, achten das Irdische alles gering und erquicken sich an jenem Orte welcher der wahre und der ihnen angestammte ist, so wie ein Mensch, der nach langer Irrfahrt in seine von guten Gesetzen regierte Heimat zurückkehrt.
Was ist das nun für ein Ort, und wie kann man dort hingelangen? Dahingelangen mag der von seiner Anlage nach vom Eros bewegte, der in seiner Haltung urssprünglich und im wahren Sinne des Wortes Philosoph ist; er ist dem Schönen gegenüber, als Erotiker, von Zeugungsdrang erfüllt, gibt sich aber nicht zufrieden mit der leiblichen Schönheit, sondern flieht von ihr hinauf zu den Schönheiten der Seele, Tugenden Wissenschaften Tätigkeiten Recht Sitte, und von dort steigt er ein zweites Mal hinauf, zu der Ursache des Schönen in der Seele, und dann weiter zu dem was etwa noch darüber liegt, bis er am Ende zum Ersten gelangt, welches aus sich selbst schön ist; ist er dort angelangt, wird er des Zeugungsdranges ledig, vorher nicht.”

Der Philosoph: Er will wissen aus innerem eigenen Antrieb, will zur Quelle seiner Bestimmung finden. Dies hat primär nichts mit dem Berufsstand des Philosophen und irgendeiner Form des Sachverwaltertums zu tun. Schopenhauer hatte hierzu einst alles nötige gesagt.

Nun geht es um die Durchdringung in der Explikation, um Ausfüllung und Aufstieg begonnen in der Ebene der Vereinzelung. In der Sicht auf und durch die Explikation hindurch ist insofern die Gewahrwerdung des Höheren möglich, da jenes seine reine Potentialität verlassen hatte und sich nun schließlich der gebrochenen Anschauung dargibt, ohne ja die eigentliche Essenz des Urzustandes verloren zu haben. Im Durchschreiten der Fülle kommt es dabei zur Gewahrwerdung ihrer Kohärenz wie auch ihrer Defizienz und so zum Impetus der Transzendenz, die Fülle wird dabei in seinem Trennenden (zumindest im Gedanklichen) immer weiter aufgehoben. Nach Nicolaus von Kues etwa hat man dies als einen im Sinnlichen anfangenden Rückgang ins Intelligible bezeichnet. Das Erkennen der inneren Kausalität führt vom Spezialisierten zum Allgemeinen, dessen Kern aber zugleich Summe höchster Komplexizität meint.
Und eine teleologische Wegmarke: “Eine Weise, in der der Geist sich neue Felder ‘in infinuum’ eröffnet, ist die vielfältige Operationalisierung des Unendlichkeitsgedankens. … Der Geist durchläuft nicht nur alles Sinnenfällige und Geistige, um dessen Potenzen zur Unendlichkeit hin zu erproben und im Denken zu realisieren; nicht nur, was als solches ist, sondern auch das, was nicht ist. ” (Beierwaltes über Ficino)
Dies meint, der Geist schöpft in besonderem Maße seine Möglichkeit aus dem Erstreben dessen, was ihn übersteigt, und in der Schöpfung des Übersteigenden findet er gerade zu sich zurück.