Yirmiyahu Yovel: “…daß Geschichte kein Ende haben kann, daß es keinen transhistorischen Zustand gibt, der die vollendete Befreiung des Menschen verspricht. Weltlicher Messianismus ist ein Widerspruch in sich. Wenn er die religiöse Idee der Erlösung in ihrer absoluten Kraft und Fülle überträgt, dann ist er weder weltlich noch wirklich immanent, sondern bleibt einem transzendenten religiösen Ideal verhaftet. Vom kritischen Standpunkt der Endlichkeit aus ist das messianische Reich Gottes auf Erden bestenfalls ein regulativer transzendenter Traum. Betrachtet man die Geschichte der Menschheit als Weg dorthin, sei es, daß dieser Zustand notwendigerweise eintreten soll, sei es auch bloß als ein plausibles Resultat, dann heißt das, daß ein solches Denken, welches vorgibt, eine Philosophie der Immanenz zu sein, den dogmatischen Einfluß transzendenter Religion nicht überwunden hat.”
Was aber heißt zuletzt eigentlich ‘weltlich’? Wir handeln doch von einer Immanenz der Transzendenz zur wirklichen Welt. (Und es gibt hiervon nur eine!) Hier ist also gar kein Widerspruch zwischen zwei Bereichen! Das Irdische hebt sich und löst sich im Geist (bzw. Feinstofflichen), kommt also seiner eigentlichen Bestimmung, seinem wahren Sein zu. Das Weltliche, das Weltsein in unserem Sinne soll ja eben entwickelt werden von der Schwäche seines Seinsstatus (und seiner Abbildhaftigkeit) hinweg zum Hohen, zum ontologisch Höherrangigen. Dies zuletzt eine naturwissenschaftliche Kategorie, keine Ausflucht in diffuse Glaubensgebilde, kein Sich-Verlaufen ins (so benannte) Religiöse: Wir sind nach wie vor ‘welt-existent’, aber nun innerhalb der Eigentlichkeit und vollen Entfaltung, die Welt an Sich ausmacht.
Daher auch ist es in diesem Zusammenhang nicht hilfreich, dem Theismus verbundene Attributierungen wie etwa ‘messianisch’ zu bemühen. Diese Zuschreibungen verweisen lediglich auf ein Verständnis von zwei wie gegeneinander abgeriegelten Bereichen – nämlich einem Profanen und einem Numinosen – und so wird hier der Gedanke an die Möglichkeit eines Einen gar nicht gefaßt, der einen Existenz, die in allem als Eines drängt, zu sich zurückzukommen und außer dem bereits jetzt in Wahrheit nichts bestandhafte Existenz aufweist. Freilich folgen die üblichen Religionen diesem Verständnis des Einen nicht!
Volkmann-Schluck hingegen über den Neuplatonismus: “Das Sein des Nous ist das denkende ‘Gegenwärtigen’ seines Denkens. Die Wesensbestimmung eines Seienden, das sich selbst in der Vollendung seiner Möglichkeit denkt, erlaubt nun auch eine genauere ontologische Charakteristik der Seele: Sie ist eine defiziente Form der vollen ‘Gegenwärtigung’ seiner selbst.”
So heißt denn auch die Überwindung ihrer Defizienz den Rückgang in die Eigentlichkeit, Beisammenheit eines Numinosen. Die Welt als perzeptiver Modus desintegrierter Geistigkeit – wie wir sie kennen- wird schwinden. Yovels ‘kritischer Standpunkt der Endlichkeit’ muß sich selber aufheben. Der so genannte ‘transzendente Traum’ ist indes nicht weniger als Ausdruck oder Ziel der einzigen wahrhaften Möglichkeit des wirklichen oder verwirklichten Daseins. Sowohl Kant als auch Spinoza wollen dorthin. Dort ist Welt an sich, höhere Welt in höherer Verwirklichung – einzige Welt.