Das innere Wesen

J.G. Fichte: “Nun ist das innere Wesen … der Nichtursprünglichkeit, der Glaube an irgend ein letztes, festes, unveränderlich stehenden, an eine Grenze, dieseits welcher zwar das freie Leben sein Spiel treibe, welche selbst aber es niemals zu durchbrechen, und durch sich flüssig zu machen, und sich in dieselbe zu verflößen vermöge. Diese undurchdringliche Grenze tritt ihm darum irgendwo notwendig auch vor die Augen, und es kann nicht anders denken oder glauben, außer unter Voraussetzung einer solchen, wenn nicht sein ganzes Wesen umgewandelt, und sein Herz ihm aus dem Leibe gerissen werden soll. Es glaubt notwendig an den Tod, als das ursprüngliche, und letzte, den Grundquell aller Dinge, und mit ihnen des Lebens.”

Dies also auch wie ein Veto verwendbar gegen angetragene Religiösität und ihre Rituale, die – proklamiert man Religion als den Zugang zur inneren Eigentlichkeit – vielmehr nur ein Gefühl und eine Gefühligkeit zu etwas evozieren, die sich auf ein Objekt richten, und nicht auf das Eigensein der Seele selbst in ihrer wahren Teilhabe, in ihrem Gesamtsein und Verbundensein zum Numinosum, das man man schließlich selber ist und wird und durch das man – plotinisch gesagt – lebt und leuchtet als Licht im eigenen Licht. Im Handeln mit der Ursprünglichkeit aber ist das Seelenwachstum, das Steigen, das Rückemanieren, der Fortschritt, die Vergeistigung, die Verfeinstofflichung des Daseins (auch die Ästhetisierung des Raums), der (versuchte) Blick hindurch durch Bilder und Projektion und jenseits der Modi ihrer Bereitstellung (Materie, Monade). Erst diese Durchbrechung ist eigentliche Intention der Innerlichkeit zur Ursprünglichkeit (und trifft somit den Begriff der Mystik in ihrem wahren – etwa Eckhart’schen – Sinne. So ist nicht mehr der Tod und seine Erwartung, als Grenzziehung der absolute Bezugspunkt des Denkens, Verdrängens, der Frömmigkeit, des Bittens, des Hoffens, der Kompensation oder des Surrogativen, sondern vielmehr rückt die Kontinuität des immer weiter wachsenden Seins zum Selbst in die Gegenwärtigkeit in den Vordergrund – zur Vergegenwärtigung des Seienden, Eigentlichen, also Geistigen zum Hohen. Dies ist die sich selbst erfüllende Intention aus dem Geist selbst und somit allzeitige eigendynamische Werdung im Hier, das alles ist und alles innehat und dem nichts und niemals etwas fehlen kann.