Welt-Erwirken

Fichte sagt: “Ich sage, das Gebot des Handelns selbst ist es, welches durch sich selbst mir einen Zweck setzt: Dasselbe in mir, was mich nötigt zu denken, daß ich so handeln solle, nötigt mich zu glauben, daß aus diesem Handeln etwas erfolgen werde; es eröffnet dem Auge meines Geistes die Aussicht auf eine andere Welt, die da allerdings Welt ist, ein Zustand ist, und kein Handeln, aber eine andere und bessere Welt als die für mein sinnliches Auge vorhandene; es macht, daß ich diese bessere Welt begehre, sie mit allen meinen Trieben umfasse und ersehne, nur in ihr lebe und nur an ihr mich befriedige. Jenes Gebot bürgt mir durch sich selbst für die sichere Erreichung dieses Zwecks. Diesselbe Gesinnung, mit der ich mein ganzes Denken und Leben auf dieses Gebot richte und hefte und nichts sehe außer ihm, führt zugleich die unerschütterliche Überzeugung bei sich, daß die Verheißung desselben wahr und gewiss sei, und hebt die Möglichkeit auf, das Gegenteil auch nur zu denken. Wie ich im Gehorsam lebe, lebe ich zugleich in der Anschauung seines Zwecks, lebe ich in der bessern Welt, die er mir verheißet.”

Plotin: “Die Seele aber ist nach ihrem Wesen so kräftig – denn sie hat keine bestimmte Quantität – , daß sie den ganzen Körper erfassen kann mit einem jedesmal Identischen wohin sich immer der Körper ausdehnen mag, sie ist schon dort. Und wäre der Körper überhaupt nicht, so hätte das nichts mit ihrer Größe zu schaffen; denn sie ist, die sie ist. Das All nämlich erstreckt sich soweit, wie die Seele reicht, seine Größe wird dadurch begrenzt, wieweit es im Größerwerden die Seele als seine Erhalterin zur Seite hat. Und so ist der Schatten so groß wie der gestaltende Begriff, der von der Seele ausgeht; dieser Begriff wieder ist von der Art, daß er so viel Größenausdehnung hervorbringt, als seine Form an Größe hervorbringen will.”

Beide Textstellen handeln von Gestaltung – und Gestaltung heißt Welt-Erwirken aus der schöpferischen Potenz des immanenten Transzendenten (in der Seele), das zur Verwirklichung strebt, um sich seiner wahren Größe zu vergewissern. Alles drängt und sehnt nach Erweiterung und Verbesserung. Die Grenzziehung der Welt (und zum Weltsein überhaupt) meint die Definition und Erwirkung desjenigen, was sie gedanklich antizipierend sinnlich zur Ansicht bringt und folgend im Dasein hält. Hier wird der Wille, der Impetus zum zentralen Begriff, denn erlischt er, vergeht sein Ausdruck und Drang zu Form und Verwirklichung – ist er ausgeprägt, strebt er immerfort zur Schöpfung und darüber zur Totalität und Durchwirkung. Der markante Schöpferwille (im Sinne des Telos zum Ganz-und Gottsein ) ist eine noussphärische Apriorie zu aller beschaubaren Lebensrealität mitsamt ihrer Filterung und Verstellung in den Körpersinnen. Der Geist, der im Menschen und im Werk wirkt, weist indes immer über die Sinne und ihre Resultate hinaus.