Christliche Philosophie II

Doctrina christiana nach Augustinus :
Ziel der doctrina ist Gott, der Gegenstand des frui (seligen Genusses) allein ist, und von dem aus alles weitere entfaltet wird: Christus als menschgewordene Weisheit Gottes und Erlöser und sein Leib, die Kirche. Dies sind zugleich die ewigen und unwandelbaren Wahrheiten, die aus der Schrift erkannt werden sollen.
Die alte heidnische Bildung kann in diesem Rahmen in einer offiziell christlichen Gesellschaft nur aus der Bibel und in deren Dienst gerechtfertigt werden. Was sich in ihr an Nützlichem findet, ist entweder auch in der Bibel zu finden oder zu deren Auslegung zu verwenden.
(nach Leinsle)
Was soll sich seitdem für eine christliche Philosophie geändert haben, und worüber soll vor allem überhaupt zu philosophieren sein, wenn eben alleine die Untermauerung einer “unwandelbar geoffenbarten Wahrheit” das Ziel und der Zweck jeglicher Betrachtung zu sein hat? Eine Philosophie aber, die sich das Fragen verbietet, ist keine. Eine Philosophie, die durch die Jahrhunderte nur zu einer (vorgegebenen) Aussage kommt und kommen soll: (“Gott ist groß” – und die abendländische Variante nach abrahamitischer Lesart: “MEIN -und nur mein- Gott ist groß”)–ist eine immerwährende und letztlich nur höchst begrenzt geistige, selbtsreferentielle Betrachtung über eben immer jenen gleichen Gegenstand. Diese Betrachtung eingeschlossen ihrer nachgeordneten Disputationen nennt man Theologie. Die Rationalisierung des Glaubens mit philosophischen Mitteln aber muß zwangsläufig zur Hinterfragung des theologischen Telos, also zur “gelehrten Häresie”, der Versuch der geistigen (somit auch spekulativen) Durchdringung des Glaubens indes zur TheoSOPHIE führen.
Bedenkt man, daß die “Heilige Schrift” Ergebnis einer falschen Kanonisierung ist und daher ursächliche Intentionen weitgehend verstellt wurden, ist ab der Patristik und ihrer Bemühung um philosophische Methode (die alleine der Behauptung gegen die heidnische Konkurrenz geschuldet war und keinerlei innerem Impetus entsprach) von einem tragischen Fehlschließen (besser: intellektuellem Fehlstart) zu sprechen, der sich einzig und alleine und nur durch die rein politisch motivierte Wende unter Kaiser Konstantin -tragischerweise bis zur Neuzeit- als staatlich sanktionierte Zwangsdoktrin etablieren konnte.

Am allerbesten ist hier mit Schopenhauer anzuschließen, weil dieser schon zu seiner Zeit den Sachverhalt der Beziehung von Philosophie und christlicher Doktrin quasi abschließend dargestellt und entlarvt hatte und dabei befähigt war, dies in wenige hochkomprimierte Sätze zu fassen:

“Eigentlich ist alle positive Religion der Ursupator des Throns, der der Philosophie gehört. Philosophen werden sie daher stets anfeinden, wenn sie sie auch als ein notwendiges Übel, eine Krücke für die krankhafte Schwäche des Geistes der meisten Menschen betrachten sollten.”

“Natürliche Religion, oder, wie es die heutige Mode nennt, Religionsphilosophie, bedeutet ein philosophisches System, welches in seinen Resultaten mit irgendeiner positiven Religion übereinstimmt, so daß beide, in den Augen der Bekenner irgend eines von beiden, eben dadurch beglaubigt werden.”

“Pseudophilosophen nenne ich die, welche unter dem Vorgeben, nach der Wahrheit zu forschen, an der Perpetuierung alter occidentaler Irrthümer geflissentlich arbeiten.”

“Seitdem die ultima ratio Theologorum, der Scheiterhaufen, nicht mehr ins Spiel kommt, wäre eine Memme, wer noch viel Umstände mit Lug und Trug machte.”

“Was für eine schlaue Erschleichung und hinterlistige Insinuation in dem Wort Atheismus liegt! Als verstände der Theismus sich von selbst.”