Nun wurde verschiedenes aus dem Vatikan kolportiert- daß der Papst seine Kollegen brüskiert habe, weil er es vorzog, von der Tagesordnung abzuweichen, ein Empfangsessen auszulassen und stattdessen in einer Armenspeisung essen zu gehen, und daß er gar-was weit verwegener wäre-, sich nachts aus dem Vatikan schleichen würde, um auf Roms Strassen armen Leuten unerkannt Geld zu schenken und Mahlzeiten zu spendieren. Auch hat er den verschwenderischen Bischof Van Elst eines Klosters verwiesen, wobei diesem sein gutsherrlicher Renaissance-Stil zu überdenken aufgetragen wurde. Was den einen zur Symphatie gereicht, ist den anderen wohl zusehends ein Ärgernis. Man verortet hier einen Bruch mit Traditionen, Unangemessenheit, Desakralisierung, usw., aber hat man -die Kirche in ihrer institutionalisierten Form und das Verständnis vieler ihrer passiver Mitglieder- nicht die wahren Intentionen längst aus den Augen verloren? Erfordert Christ- Sein nicht einen klaren ethischen, gesellschaftlichen Auftrag, ist Kirche nicht wesentlich mehr als Kultur- bzw. Traditionsstiftung und Befriedigung des eigenenpsychologischen Gepräges mit Glauben und Gebet sowie ästhetisierendes Wohlsein? Prinzipiell geht der Papst hier mit gutem Beispiel vorweg, denn er weist damit nur konsequent auf die Bedeutung der christlichen Heilskonzeption hin(die ja fundamental das Wesen der christlichen Lehre ausmacht):
Der Theologe H. Waldenfels:
“Heil ist im christlichen Verständnis der zentrale Ausdruck für die den Menschen und der Welt von Gott gewirkte und angebotene Erfüllung…
Das von Jesus von Nazaret verkündigte und gewirkte Heil betrifft den Menschen in den beiden äußersten Grenzen seiner Existenz: Dem Tod und der Schuld. Dem Tod gegenüber verheißt Heil ewiges Leben, der Schuld bzw. Sünde gegenüber Versöhnung mit Gott und liebende Gemeinschaft…
Das Heil Christi betrifft den Menschen und die Menscheit in ihrer absoluten Zukunft (Jenseits); die Hoffnung auf das absolute jenseitige Heil findet jedoch seine Bewährung bereits im Diesseits, in der Aktualisierung der Heilszeichen des Lebens Jesu im jeweiligen Hier und Heute. Heilungen, Befreiungstaten, Gerechtigkeitseinsatz, Friedensschaffung, Treue, selbstlose Solidarität, Einsatz für die Armen, Unterdrückten, Marginalisierten, Liebe zu den Todgeweihten und Toten. Die Überzeugung von einem endgültigen und umfassenden Heil ist für Christen Anlaß, bereits in ihrem irdischen Leben auf eine heilvolle, den Menschen erfüllende Weltgestalt hinzuarbeiten und das auch, wenn alles irdische Heilsschaffen nur asymptotisch auf das vom Menschen nicht zu schaffende, sondern nur zu empfangende Heil verweist.”