Hegel und Kunst

Hegel: “Beides, Kunst und Spekulation sind in ihrem Wesen der Gottesdienst, – beides ein lebendiges Anschauen des absoluten Lebens und somit ein Einssein mit ihm.”
Alfred North Whitehead: “Die spekulative Vernunft ist ihrem Wesen nach von methodischen Einschränkungen frei. Ihre Funktion besteht darin, über die eingeschränkten Gründe hinaus zu den allgemeinen Gründen vorzudringen und die Gesamtheit aller Methoden als durch die Natur der Dinge koordiniert zu verstehen – eine Natur der Dinge, die nur durch das Überschreiten aller methodischen Schranken begriffen werden kann.”
„Aufgabe der Spekulation ist es, das Denken schöpferisch in die Zukunft wirken zu lassen; und sie erfüllt diese Aufgabe, durch das Erschauen von Ideen, die das Beobachtbare umfassen:”
Schelling drückt in seiner “Philosophie der Kunst” folgendes aus: “Das Geheimnis alles Lebens ist Synthese des Absoluten mit der Begrenzung. Es ist ein gewisses höchstes in der Weltanschauung, das wir zur vollkommenen Befriedigung fordern, es ist: höchstes Leben, freiestes eigenstes Daseyn und Wirken ohne Beengung oder Begrenzung des Absoluten.”
Und noch einmal Hegel: “Die Definition von Geist (das Absolute) zu finden und ihren Inhalt zu verstehen war das letzte Motiv aller Kultur und Philosophie. Alle Religionen und Wissenschaften haben sich bemüht, diesen Zustand zu erreichen.”

Insofern: ist Kunst spekulativ, ist Kunst religiös zu nennen (Religion im Sinne einer explorativen Erfassung der Totalität). Und nur dann erfüllt Kunst sich selbst diesem Begriff nach, wenn sie dieser Defintion entspechend suchenden Charakters ist, sich aus einem Willen zur Übersteigung in einen Unruhezustand versetzt sieht. Kunst hat den Grund und das Ziel, den Erfahrungsraum des Menschen zu erweitern zu seinen eigentlichen Inhalten, die in der Hiesigkeit nur zum kleinen Teil erfaßlich sind und denen daher ein Drängen zur Erfahrung inhärent ist, das sich nie befriedet und befriedigt wähnt, solange nicht das Sein selber zur Abschließung gekommen wäre. Hegel: “Ihre Werke sind noch nicht reiner Gedanke, aber ihrer Sinnlichkeit zum Trotz auch nicht mehr bloßes materielles Dasein.” Rein deskriptiv vermag die Kunst hingegen nur Dekoratives, geht sie nicht diesem urmenschlichen und seelischen Drängen nach, breitet sie sich nur im vorfindlichen Raum aus als ihr Zuschauer, bereitet hingegen den Raum nicht selber, affimiert sogar das zu Überwindende, statt ein Dahinter zu erkunden. In dem Zusammenhang ist nach Hegel die romantische Kunst zu sehen, die lediglich Welt kommentiert, während aber die klassische Kunst befähigt ist, Objekte unmittelbarer Evidenz hervorzubringen.
Ist das rein Explorative aber nun schon gleichbedeutend mit dem Begriff von (gelungener) Kunst? Es wird dies erst durch die Verkoppelung mit ästhetischen Prämissen, die Inhärenzen mit apriorischen Harmonien anzuzeigen in der Lage sind.