Merkaba Schau, Hypostasen, Meister Eckhart

” Der Myste ließ, sitzend und sich nach vorne beugend, den Kopf auf den Knien ruhen. Diese Form der Selbstversunkenheit, die, zur prähypnotischen Autosuggestion geeignet, auch bei chinesischen Somnambulen bei der Beschwörung der Ahnengeister beobachtet worden ist, kann bei Medien in spiritistischen Geisterbeschwörungen unserer Zeit oder in Schulen für autogenes Training nach dem Vorbild indischer Yoga-Systeme noch heute nachgewiesen werden. Diese Ekstasetechnik läßt sich in gerader Linie über Jahrtausende bis zum Schamanismus zurückverfolgen, wie ihn besonders eindrucksvol Mircea Eliade beschrieben hat.” 
Aus der Blütezeit dieser Strömung (3. bis 6. Jahrhundert) sind keine Namen überliefert. Den Merkaba-Mystikern ging es weniger um eine Versenkung in das eigentliche Wesen Gottes als vielmehr in die Mysterien der himmlischen Thronwelt.” (Karl R.H.Frick)
“Ihre Bedeutung für den Merkaba-Mystiker darf mit der des Plemora für die hellenistischen oder frühchristlichen Gnostiker verglichen werden.”Der Auf- beziehungsweise Abstieg ist „eine gefahrenreiche Wanderung durch die sieben himmlischen Paläste vor Gottes Thron.  Das Pleroma (griechisch, “Fülle”) ist bei den Gnostikern das Glanz- und Lichtmeer, als Sitz der Gottheit, von wo alles Gute ausströmt. Sehr ähnliche Vorstellungen finden sich unter anderen Begrifflichkeiten im Tengrismus. Das Konzept des Pleroma scheint also allgegenwärtig zu sein.”
(Wikipedia)

Setzt man diese Form der Mystik in Beziehung zu der Mystik von  Meister Eckhart, erkennt man, daß sie  zu dieser in schroffem Widerspruch steht, denn Eckhart (sofern er überhaupt in diesem Sinne als Mystiker zu bezeichnen ist) sucht den Zustand der allseitigen Überwindung all dieser  an sich schon phantastisch und “göttlich genug” anmutenden Lichtwelten zu erreichen, tatsächlich hegt er keinerlei Interesse für diese,  -und darin liegt eben die ungeheure Radikalität, man kann in gewisser Weise sagen die Anmaßung zur gottgleichen Ermächtigung – (auch dies wiederum in dieser Konsequenz eine starke Parallele zum Proklamat des Buddhismus, der die bestmögliche Überwindung aller Bardo-Zustände anstrebt), denn all diese Welten, wie hoch sie auch immer angesetzt wären, wären ihm nicht genug, oder besser gesagt gar nichts wert- “Er (der Mensch) braucht Gott um nichts zu bitten, er kann ihm vielmehr gebieten, denn er ist Gottes so gewaltig wie Gott seiner selbst gewaltig ist. …Darum bitten wir Gott, daß wir Gottes ledig werden und daß wir die Wahrheit dort erfassen und ewiglich genießen, wo die obersten Engel und die Fliege und die Seele gleich sind.” (Dies nämlich vollzieht sich  in der Einsheit der schroffen unnennbaren Eckhart’ schen Leere, in der “der Geist in Ruhe verharrt.”
Eine bauästhetische Anmerkung hierzu: Die raumzeitliche, kulturelle Übersetzung, ein Symbol für Pleroma, höhere Hypostasen oder eben die Thronwelt ist  die Kathedrale, für den Eckhart’ schen Zustand  hingegen die Manifestation der Leere. Die, -so möchte ich sagen -in der nachschismatischen Architektur nicht gelungen ist, nicht gelingen kann – weil sie eben nur den leeren Aspekt von Leere ausdrückt, aber nicht den Metaaspekt der Erfüllung und der Kraft, den Eckhart mit “Leere” eigentlich meint.