Gegenwart und Ewiges

Cohen über LSD: “Die Unterscheidung zwischen ‘Ich’ und ‘Es’ und die Trennung zwischen ‘Dieses’ und ‘Jenes’ hatten aufgehört. Es handelt sich aber um kein nebelartiges Bewußtsein, keine wirre Wahrnehmung; es ist die lebendigste Erkenntnis einer Einheit, die absolut, zeitlos, instantan ist. Jedes Objekt und jedes Selbst sind nur Aspekte, Funken und Konstruktionen, die von den getrennten Bewußtseinen in ihrer Anstrengung gemacht werden, dieses zeitlose Kontinuum zu objektivieren und zu manipulieren.”
Schopenhauer sagt zur Welterklärung, jemand müsse wohl so derart von seinen Ideen überzeugt sein, daß er sie auf Gedeih und Verderb im Dasein halten wolle. Platonisch heißt es, alles lebe und webe durch die Weltseele. Und neuplatonisch: Schaut die Weltseele nach unten, senkt sie sich hinab in die Körperwelt.
Das malum: Der ‘Gewinn’ an der uns bekannten Form ist mit Tod und Leid erkauft, weil die Natur nur ihren Bestand sichern kann, indem sie sich zu sich selbst als Feind geriert, denn sie muß zum Fortkommen die eigene Substanz aufzehren und schließlich vernichten.

Gelpke über Psylocibin: “Zugleich versank ich nach innen; es war ein absoluter Höhepunkt: Ein Glücksgefühl durchdrang mich, eine wunschlose Seligkeit. Ich begriff im gleichen Augenblick auch das Leiden und den Ekel, die Missstimmungen und Missverständnisse des gewöhnlichen Lebens: Dort ist man nie ganz, sondern zerteilt, zerhackt und zerspalten in die winzigen Scherben der Sekunden, Minuten, Stunden, Tage, Wochen und Jahre; man ist dort ein Sklave des Molochs Zeit, der einen stückchenweise auffrisst; man ist dort zu Stammeln, Stümperei und Stückwerk verdammt; man muß das Vollkommene und Absolute, das Zugleich aller Dinge, den ewigen Nu, der doch schon immer bestand und immer bestehen wird, ‘dort’, im Alltag, als ein Mahnmal nie erfüllten Anspruchs mit sich dahinschleppen durch diesen Fiebertraum Gegenwart aus einer verdämmernden Vergangenheit in eine umnebelte Zukunft.”

Man kann hieraus aber etwa eine folgende Lehre ziehen: Jenseits der gesteigerten Wahrnehmung oder Erkenntnis, die nur einen selektiven Zeitrahmen vorbehalten ist, soll man sich ganz mit der Gegenwart verbinden und so im einzigen und eigentlichen Sein eingesenkt werden. Armin Risi sagt über die vedische Philosophie: “Die Gegenwart ist der Zeitpunkt, wo die Ewigkeit (sat) die unendliche Vergänglichkeit (kala) berührt. Obwohl alles um uns herum vergänglich ist, sind wir immer mit der Ewigkeit verbunden – durch die Gegenwart!”
Verbessert oder bereinigt man nun den aktualen Zustand, der alleine seinsbestimmend ist – dies, trotzdem man sich in der Welt und ihrer Anforderungen zu bewegen hat – entrückt man ihn vom Zustand passiven Erleidens, und hat man sich innerlich diszipliniert, um von herabmindernden Gemütslagen abzusehen, betreibt man eine umfassende Stärkung, Vertiefung und positive Affirmierung des Selbst in der Zeitlichkeit, die zwar wesenhaft als flüchtige Gegenwart erscheint, aber nun dem Nutzen unterliegt, eine Torfunktion einzunehmen zum Tatsächlichen, Immanenten des Eigentlichen. Es soll ganz anders werden, als David Hume einst (über den Ursprung der Religion) zum Ausdruck brachte: “So voller Ängste und so voller Mühsal ist selbst das Beste, was uns das Leben zu bieten hat, daß all unser Hoffen und all unser Fürchten stets auf die Zukunft gerichtet bleiben.” Die vertiefte, gelingende, sich selbst genügende Gegenwart aber gebiert wie von alleine eine Intensität und Essentialiät, und gerade im Geistigen wirksam werdend wirkt sie so auch verstärkend in die Zukunft. Zukunft bezeichnet keine Zielvorstellung, keinen Wunsch, sondern Fortsetzung und positive Progression des aktual Erlebten und Getätigten und dies meint eine Genügsamkeit, die alle ungenügsame Errungenschaft weit übertrifft.
(Und um zurück zum Eingang zu kommen: Ist die Unobjektiviertheit, der Ausgang aus der (leidvollen) Form Signum der Ewigkeit, heißt dies für die Gegenwart gerade auch Ichabgabe zur Annäherung an dieses Prinzip, zur Transzendierung des Alltages und des ganzen Hiesig-Seins.)