Angelus Silesius

Eine Sammlung mir essentiell erscheinender Johannes Scheffler-Zitate. Scheffler steht ganz im Duktus der All – Einheitslehre, der negativen Theologie, der Deutschen Mystik, des  eckhart’ schen Diktums von der Einswerdung als Gott, des Aufschwungs der Seele zu ihrem eigentlichen wahren Dasein als vom nicht nennbaren Urgrund Ungeschiedenes:

Halt an, wo läufst du hin, der Himmel ist in dir !
Suchst du Gott anderswo, du fehlst ihn für und für.

Ich muß noch über Gott in eine Wüste ziehen.

Ich glaube keinen Tod, sterb ich gleich alle Stunden,
So hab ich jedes Mal ein besser Leben funden.

Freund, es ist auch genug. Im Fall du mehr willst lesen.
So geh und werde selbst die Schrift und selbst das Wesen.

Weg, weg ihr Serafim, ihr könnt mich nicht erquicken,
Weg, weg ihr Heiligen und was an euch tut blicken.
Ich will nun eurer nicht, ich werfe mich allein
Ins ungeschaffene Meer der bloßen Gottheit ein.

Gott ist ja lauter Nichts, ihn rühr kein Nun nicht Hier:
Je mehr du nach ihm greifst, je mehr entwird er dir.

Wer Gott will gleiche sein, muss allem ungleich werden,
Muss ledig seiner selbst und los sein von Beschwerden.

Mensch, in dem Ursprung ist das Wasser rein und klar,
Trinkst du nicht aus dem Quell, so stehst du in Gefahr.

Gott hat nicht Unterschied, es ist ihm alles ein;
Er machet sich soviel der Flieg als dir gemein.

Wer sich nicht drängt zu sein des Höchsten liebes Kind,
Der bleibet in dem Stall, wo Vieh und Knechte sind.

Der Zufall muß hinweg und aller falscher Schein;
Du musst ganz wesentlich und ungefärbet sein.

Was Cherubim erkennt, das mag mir nicht genügen.
Ich will noch über ihn, wo nichts erkannt wird, fliegen.

Maria ist hochwert; doch kann ich höher kommen;
Als sie und alle Schar der Heiligen geklommen.

Nichts bringt dich über dich, als die Vernichtigkeit:
Wer mehr vernichtigt ist, der hat mehr Göttlichkeit.

Ja, wer ein Adler ist, der kann sich wohl erschwingen
Und über Serafim durch tausend Himmel dringen.

Ach Bruder, werde doch! Was bleibst du Dunst und Schein? Wir müssen wesentlich ein Neues worden sein.

Blüh auf, gefrorner Christ, der Mai ist vor der Tür,
Du bleibest ewig tot, blühst du nicht jetzt und hier.

Begehrst du ein Weib, das prächtig, reich und fein,
So nimm die Weisheit nur, sie wird dir alles sein.

Freund, so du etwas bist, so bleib doch ja nicht stehn,
Man muss aus einem Licht fort in das andre gehen.

Was Gott ist, weiß man nicht. Er ist nicht Licht, nicht Geist,
Nicht Wahrheit, Einheit, Eins, nicht was man Gottheit heißt.
Nicht Weisheit, nicht Verstand, nicht Liebe, Wille, Güte,
Kein Ding, kein Unding auch, kein Wesen, kein Gemüte.
Er ist, was ich und du und keine Kreatur,
eh wir geworden sind, was er ist, erfuhr.

Mensch, kein Geheimnis kann so wunderbarlich sein,
Als dass die heilge Seel mit Gott ein einges Ein.

Solange dir, mein Freund, im Sinn liegt Ort und Zeit,
So fasst du nicht, was Gott ist und die Ewigkeit.

Alles kommt aus Einem her und muss in Eines ein;
Wo es nicht will gezweit und in der Vielheit sein.

Die Wegescheid ist hier:Wo lenkst du dich nun hin?
Zur Linken ist Verlust, zur Rechten ist Gewinn.

Gott läßt dich jede Zeit gar gern in Himmel ein;
Es stehet nur bei dir, ob du willst selig sein.

Mensch, nichts ist unvollkomm’n, der Kies gleicht dem Rubin,
Der Frosch ist ja so schön als Engel Serafin.

Mensch, schätze dir die Reis in Himmel nicht so weit,
Der ganze Weg hinein ist keines Schrittes breit.

Der Weise wenn er stirbt, begehrt in Himmel nicht;
Er ist zuvor darin, eh ihm das Herze bricht.

Die Hölle schadt mir nichts, wär ich gleich stets in ihr.
Dass dich ihr Feuer brennt, das lieget nur an dir.

Die Seel, ein ew’ger Geist, ist über alle Zeit,
Sie lebt auch in der Welt schon in der Ewigkeit.

Die Vielheit ist Gott Feind, drum zieht er uns so ein,
Dass alle Menschen solln in Christus Einer sein.

Ein jeder Heiliger wird sich in allen sehn;
Wenn nicht all einer wärn, so könnt es nicht geschehn.

Mensch, bleib doch nicht ein Mensch, man muss aufs Höchste kommen.
Bei Gott werden nur die Götter angenommen.

Es ist vom höchsten Gut viel Rede und Geschrei,
Ich schwöre, dass dies Gut allein die Liebe sei.

Freund, wo nicht Christus wirkt, da ist er auch noch nicht,
Obgleich der Mensch von ihm viel singet oder spricht.

Mensch, stirbest du nicht gern, so willst du nicht dein Leben;
Das Leben wird dir nicht als durch den Tod gegeben.

Wird Gott, willst du zu Gott; Gott macht sich nicht gemein;
Wer nicht mit ihm will Gott und das, was er ist, sein.