Tugend zum Geist

Meister Eckhart sagt: “Nun sagt ein heidnischer Meister: Wenn einer die Tugend um etwas anderen als um der Tugend willen wirkt, dann ist das (noch) nie eine (wahre) Tugend geworden. Sucht er Lob oder etwas anderes, so verkauft er die Tugend. Man solle eine naturhafte Tugend nicht um alles, was auf Erden ist, hingeben. Darum begehrt ein guter Mensch keines Lobes; er begehrt wohl, des Lobes wert zu sein. Einem Menschen soll nicht leid sein, daß man mit ihm zürnt; ihm soll (vielmehr) leid sein, daß er den Zorn verdient.”

Wer aber erkennt demnach außerhalb des Weltgeschehens die wirkliche Tugend des Menschen? Worin besteht nun also der wahrhafte Lohn?
Die wahre Tugend ist die, die sich selbst zu Größerem, dem über einem dem Ich-Sein Hinausliegenden fortsetzt. Die Intentionslosigkeit in Bezug auf weltliche Resonanzen vermeintlicher Größe oder Wachstums und hiesiger Verwertbarkeit macht den Menschen fortwährend freier für Entwicklungen zu einem Eigensein, das als Umfassung im Selbst höherer Art betrachtet werden soll.
Das Lob, der Lohn – das ist eher eine Gewahrwerdung, die monistisch besehen ein Zu-Sich-Kommen des Einen durch Integration der Sicht ist, was im Individuum als ein Steigen, ein zunehmendes Transzendieren des angenommenen Normalzustandes (der Weltlichkeit) wahrzunehmen ist. Man kann auch sagen: Das Individuum wird groß und lobenswert, und umso größer wird es, je überindividueller es seinem Seinsverständnis nach sich selber als Höheres auffasst.

Volkmann -Schluck zum Neuplatonismus: “… zwei Arten des Sich-selbst-Erkennens: einmal indem man die Natur des Überlegungsvermögens der Seele erkennt, die andere Art steht über dieser, indem man sich selbst durch den Geist erkennt, indem man Geist wird; und vermöge des Geistes denkt man sich nicht mehr als Menschen, sondern ist gänzlich ein anderer geworden und hat sich in die Höhe entrückt, indem man nur den besseren Teil der Seele, der auch allein sich zum Denken beflügeln kann, hinaufzieht, damit jemand aufbewahre, was man sah. “