Plotin, Verstetigung im Vielen

Volkmann -Schluck, Plotin als Interpret der Ontologie Platos:
“Ein jegliches wird vieles aus dem Unvermögen, sich auf sich selbst zu beziehen.”
“Aus diesm Tatbestand kann man schon die Erkenntnis entnehmen, daß etwas, je geeinter es ist, umso seiender und, je vielheitlicher es ist, umso unseiender ist. Ferner lassen sich bereits unterschiedene Weisen des Einen-und Vielesseins Erkennen: Das Viele ist entweder durch eine in ihm liegende Einheit mit sich geeint, oder es ist ohne einigende Einheit das in seine Teile zerfallende Viele; schließlich gibt es das zahllose Viele, das gleichsam ins Nichts Zerstiebende. Die verschiedenen Weisen des Geeintseins stellen daher Stufen der Befähigung zum Sein dar. Darum ist das Mitsichgeeintsein etwas Gutes, das Vielessein etwas Schlechtes.”

Fichte: “Es ist die Bestimmung unseres Geschlechts, sich zu einem einzigen, in allen seinen Teilen durchgängig mit sich selbst bekannten und allenthalben auf die gleiche Weise ausgebildeten Körper zu vereinigen.”

Wir sehen hier die ganz gegenteilige Auffassung zur christlichen: Die Schöpfung als bewußter Akt Gottes zur Hervorbringung der Vielheit ist schon in der Anlage, als zur Schöpfung leitender Gedanke “schlecht”.  Während beim Christentum im Erstreben des ewigen Lebens in personaler Identität die ganze Zentriertheit auf das getrennt Seiende, Individuierte aufgezeigt wird, kommt ihm bei Plotin nicht einmal während des sichtbaren Daseins echte Wirklichkeit zu. Wirkliches Sein ist nur im Prozeß der  Überwindung der Schwelle zur nächsten Einheit oder Abgeschlossenheit, so in der Übersteigung der durch die Leiblichkeit und so Körpergebundeheit  des Noetischen -und -schwerer vorstellbar-in der Überwindung der Schwelle zur anderen Art, zu erreichen. In dieser Überwindung  gibt Plotin dem Unköperlichen, nicht Verstetigten das eigentliche Gewicht für seine Teilhabe am Sein, gibt so (nach Klaus Kremer) “der irdischen, im Leibe weilenden Seele den geistigen Adel zurück”, denn etwas in der Seele bleibt immer im geistigen Bereich.” In der Fokussierung auf dieses Prinzip steht Plotin gegen  die Gnostiker und das Christentum, die den Fall, das Trennende, die Entferntheit  vom eigentlichen (geistigen) Sein betonen. Inwiefern aber ist durch die plotinische Übersteigung, durch dieses Mitsichgeeintsein  die Hinwendung zum Guten erfolgt, die ja in der Aufhebung des Individuellen liegen muß? Die Seele als untere Hervorbringung des Nous  ist (ein graduiertes) Eines;  der Mensch, der Anteil daran hat und sich seines Seelenvermögens bewußt wird, geht in das eine einzige Seelische  ein  und erkennt so in der Schau seines  anteiligen Seins an der Gesamtheit der Seele  ihre empirische Exklusion von ihrer eigentlichen Wesensart und vollzieht in der Veränderung der Blickrichtung auf das Eine die Hinwendung zu dessen Wesen, dem Guten.