Arthur Schopenhauer sagt: “Menschliche Schönheit ist ein objektiver Ausdruck, welcher die vollkommenste Objektivation des Willens auf der höchsten Stufe seiner Erkennbarkeit bezeichnet, die Idee des Menschen überhaupt, vollständig ausgedrückt in der angeschauten Form. Sosehr hier aber auch die objektive Seite des Schönen hervortritt; so bleibt die subjektive doch ihre stete Begleiterin: und eben weil kein Objekt uns so schnell zum rein ästhetischen Anschauen hinreißt wie das schönste Menschenantlitz und Gestalt, bei deren Anblick uns augenblicklich ein unaussprechliches Wohlgefallen ergreift und über uns selbst und alles, was uns quält, hinaushebt; so ist dieses nur dadurch möglich, daß diese allerdeutlichste und reinste Erkennbarkeit des Willens uns auch am leichtesten und schnellsten in den Zustand des reinen Erkennens versetzt, in welchem unsere Persönlichkeit, unser Wollen mit seiner steten Pein verschwindet, solange die rein äshetische Freude anhält; daher sagt Goethe: ‘Wer die menschliche Schönheit erblickt, den kann nichts Übles anwehen: er fühlt sich mit sich selbst und mit der Welt in Übereinstimmung.’
Warum aber ist Schönheit überhaupt in der (Natur-) Form? Sie ist es ja nicht wirklich als solche, also in der Art, was sie aus sich ist, sondern sie scheint nur in ihr als ein über uns Liegendes durch sie hindurch, sie erringt sich ihren Platz gegen die träge Masse der (pragmatischsten) Körperlichkeit und treibt so unseren stets über die Form ausgreifenden Willen in die Zuversicht über die Anschauung eben derjenigen Form, die hierüber am ehesten Aufschluß geben kann und so unserem Sehnen nach dem Reinen – der Idee – die vor aller Abkunft ist – am ehesten näherkommt.
Die perfekte oder klassische Form indes kann die Anschauung in weiterer Konsequenz nie ganz saturieren, denn dieser Drang, der für sich nicht ruht und stets weiter mußl, soll also hinter die Betrachtung kommen, und wie durch einen Automatismus suchen die Sinne also weiter über die Form hinaus, daher soll in der Form (der Schönheit) zugleich etwas sein, was aus ihr ausgreifen, aus ihr ausbrechen will, um .dem Unbekanntem, dem, was sich nur erahnen läßt, entgegenzustreben. Hier läßt sich etwa auch an einen künstlerischen Impetus wie im Manierismus anschließen, der als “spannungsgeladener Stil”, der “oft angereichert mit rätselhaften Allegorien” (Wikipedia) Verweise herstellen will, die eben über das Unausgesprochene Aufschluß suchen. Gerade die Kunst kann und soll Zeugnis geben über den Versuch nach dem tieferen Wesen, was noch niemand (‘wirklich’) geschaut hat.