Spinoza, Gnosis, Wissenschaft

Zugrunde lege ich hier den Substanzbegriff Spinozas:
Zitat Spinoza (Aus den Briefen “…Erstens, daß in der Natur der Dinge keine zwei Substanzen existieren können, ohne daß sie ihrem ganzen Wesen nach verschieden wären. Zweitens, daß eine Substanz nicht hervorgebracht werden kann, sondern daß es vielmehr zu ihrem Wesen gehört, zu existieren. Drittens, daß jede Substanz in ihrer Art höchst vollkommen sein muß.” Spinoza geht davon aus,dass es nur eine einzige Substanz geben könne. Diese Substanz ist daraus folgend mit all ihren Eigenschaften unendlich und absolut und wird von Spinoza mit Gott gleichgesetzt.
Ich möchte hier aber nicht beim spinozistischen Pantheismus verweilen, sondern auf einen zusätzlichen Aspekt (für einen Erkenntnisweg) abheben: Modelle wie Quantenmechanik/Stringtheorie/Parallelwelten usw. gilt es ja durchaus, in unseren Verständnisraum zu integrieren. (So tat man es einst mit dem heliozentrischen Weltbild (am längsten sträubte sich- wer wohl?-die Kirche).
Die von uns als solche erfahrbare (besser:“benannte“) Materie ist „nach der menschlichen Wahrnehmung“, das heißt in Konsequenz ist der Mensch selber als Spezies (wie alles andere) nur eine Chimäre (der defizitären Sinne) (vergleiche auch Berkeleys esse est percipi). Die Wahrnehmung, das wahrnehmende Bewußtsein aber ist prinzipiell überindividuell /transpersonal, d.h., sie ist vor den verkürzten “bio-mechanistischen“ Sinnen und vor der Illusion einer Individuation. (vergleiche Platos Ideen…) Die Religion kündet zwar vom Überindividuellen. Die Wissenschaft tut dies aber auch, zudem evidenter. Sie entzieht uns ja gerade die feste atomare Basis, sie spricht ja –mehr noch als jeder Pastor von der Kanzel-davon, daß es höchste Zeit sei, sich vom Gedanken an Raum und Zeit zu verabschieden.) Die Kirche spricht ja vom Menschen, von der Welt. Die Wissenschaft kennt aber dann keinen Menschen im jetzigen Sinne mehr und definiert erweiterte Begrifflichkeiten für ein Verständnis von “Welt(en)”. (Man könnte sagen, der Mensch “ist gar nicht”, sondern “ist” nur durch seine spezifische Perzeption. Somit entfällt z.B. auch die Frage nach einer Beziehung zwischen Mensch und Gott. Oder die Unterscheidung zwischen einem Dies-und Jenseits.) Die Frage nach der Erweiterung der Erkenntnis ist also entscheidend auch die Frage nach der Möglichkeit zur Überwindung der wahrnehmbaren (manche Gläubige mögen sagen, der „gefallenen“) Welt, der Klärung der Verhältnisse bezüglich der Einsenkung in die Materie (inkl. der Klärung über das Wesen der Materie selbst(und ihrer Perzeptionabhängigkeit!)-letztlich die Frage nach der buchstäblichen Überwindung jeder Form eingeschränkter Welt-Sicht. Die Wissenschaft bietet ja hier eben gerade eine (wachsende) Möglichkeit, das Sinnesgemäße zu objektivieren. Und Objektivierung kann man weiter als Ent-Attributierung verstehen. Ent-Attributierung aber führt idealerweise zur Ent-Differenzierung und so zur Komplettierung (zum Un-Entfalteten/bzw. Ersten.) Daher geht es hier auch nicht um „Aufblähung“ eines eitlen Selbst, sondern um Überwindung des Selbst durch (maximale) Reflektion (aus dem-eigentlich ganzen-Selbst) zur Ganzheit und um Ganz-Werdung des Selbst (letztlich in der Bewußtwerdung zum Ur-Sein), bzw. der Komplettierung unseres „nachperzeptiven“ Auschnittsbildes der Welt zur Totalität (des Erkennens/des ganzen Seins). Wie man dieses „Omega“ dann benennen mag, spielt eine untergeordnete Rolle.  Und konsequenterweise ist mir recht egal, in welchen Räumen man diesem Omega huldigen will (es geht aber letztlich nicht um Huldigung -zumindest nicht um die christliche Interpretation von Huldigung, sondern um Durchdringung) und welche Form der Institutionalisierung sich anschließt, ist für mich im großen Kontext schon dreimal irrelevant. Mir geht es letztlich nur darum, daß „es so ist“. Und es bleibt ja sogar auch durchaus noch Platz, um unseren Prägungen und Erwartungshaltungen zu frönen: Denn der Weg zum „Omega“ bleibt ja vorerst durchaus ein Mysterium. Und da mag es auch „Zwischenhimmel“ geben und Hierarchien und Spiegelsphären/psychische Welten/Bardos usw. -die Gnostiker versuchten da einiges zu erklären—auch wenn dies heute oft zu spekulativ bzw. zu “antiqiert” erscheint- in deren  Symbolsprache.)
Doch noch einmal zurück zu Spinoza: Wenn er sagt: „Unter Gott verstehe ich das absolute unendliche Sein, das heißt die Substanz, die aus unendlich vielen Attributen besteht, deren jedes ewige und unendliche Wesenheit ausdrückt“, dann unterminiert dies die christliche (qualitative) Trennung von Mensch und Gott und Subjekt und Objekt, Schöpfer und Geschaffenem. Es gibt bei Spinoza zwar eine natura naturata, aber diese ist “lediglich” Attribut Gottes-und nicht geschieden.
Wer dies nun aus christlicher Warte als unzulässige Erweiterung eines monotheistischen Gottesbegriffes ansieht, dem schlage ich nun eine “Teleologie der Ent-Attributierung vor”. Dies würde aber wiederum bedeuten: Ent-Attributierung erfolgt durch Objektivierung (durch Befähigung zur Erkenntnis), man ginge sozusagen einen Weg zurück durch die Emanationen. Die Auflösung der bekannten Wahrnehmung, Auflösung der Köperlichkeit, Auflösung des „Ich“-Begriffes (Auflösung des Gottesbegriffes!), Auflösung jeder anthropomorphen Sicht usw. ist nur mindeste Vorrausetzung zur Komplettierung/Selbstbetrachtung des “Alles” als einzige Substanz –in der einzigen „Substanz“.
Idealismus, Monismus.