Quelle aus sich selbst

Fichte sagt: “Das richtige Handeln findet sich dann von selber, denn die Wahrheit kann nicht anders handeln, als nach der Wahrheit; aber dieses Handeln ist kein Opfer mehr, noch ein Dulden und Entbehren, sondern es ist selber die Ausübung und Ausströmung der höchsten inneren Seligkeit. Wer mit Widerwillen, und im Streite mit seiner inneren Finsternis, dennoch nach der Wahrheit handelt, den bewundere man, und preise seinen Heldenmut; wem es innerlich klar geworden, der ist unserer Bewunderung und Verwunderung entwachsen; es ist in seinem Wesen gar kein Anstoß weiter, noch Unbegreifliches, sondern Alles ist die eine, aus sich selbst fortfließende, klare Quelle.”

Im Äußeren soll sich dies Fortfließende zur allgemeinen Lebensverwirklichung zusammenfinden. Dabei kommt es zu einem zunehmenden Gewahrwerden ‘des Ganzen’ im Nachgehen dessen, was aus diesem selbt, dessen Teil man ist, getan werden soll.
Im Gedanklichen und im (verbalen) Anschaulich-Machen dessen verhält es sich ganz ähnlich. Diese Haltung aber sieht sich latenten Angriffen ausgesetzt, da das Gros nicht von seinem Innern her zu urteilen befähigt ist und so jenes nicht akzeptieren will, wo es zur Verwirklichung kommt. Das Gros kann nur zum Urteil kommen, wenn man ihm äußere Orientierung zur Hand gibt, wenn diese bereits ausreichend vor- oder aufbereitet im Außen, also gesellschaftlich positiv konnotiert oder sanktioniert wird. Aufgrund fehlender eigener innerer Verortung fühlt die Mehrheit sich auf diese Außenleitung angewiesen und mißtraut eben dem, der aus sich selber eine Befähigung zum Urteil proklamiert.
Hierzu passend zur Charakterisierung des Introvertierten C.G.Jung: “Das scheint überhaupt eine Eigentümlichkeit des introvertierten Gefühls zu sein: Es ist genuin, es ist, weil es aus sich selber da ist, es wurzelt in der tieferen Natur des Menschen, es steigt gewissermaßen als sein eigener Zweck aus sich selber empor, es will keinem anderen Zwecke dienen, leiht sich auch keinem und begnügt sich damit, sich selbst zu erfüllen.”
Und zum Extravertierten: “Das beständige Beurteilen, das nie auf wirklicher Überlegung beruht, ist ein Extravertieren eines flüchtigen Eindruckes, das mit einem wirklichen Gedanken nichts zu tun hat.”

Daher ist dies den Vielen gemein: Man “glaubt an die Gesellschaft” (C.G.Jung). Die innere Stimme aber bleibt verstellt. So ist die Gesellschaft als Summe der Außenleitungen eine Chimäre der Wirklichkeit (das Wirklichkeit als solche im tieferen ein Konstrukt ist, bleibt völlig unbetrachtet), denn sie bleibt vielmehr nur Akkumulation von Extraversionen, also nicht-genuiner Aufeinanderbezogenheiten, die sich Verhalten wie ein Fließen ohne Quelle und rechtes Ziel. Zur Gefahr wird hier zudem, daß potentiell eine Kraft, die sich sehr wohl (durch Weltanschauung oder starke Zugehörigkeit) einer originären Intension versichert, den konstruktiven Prozeß zu eigen machen kann und solch eine Chimäre der Gesellschaft bis zum äußersten Mißbrauch zu bedingen imstande wäre.