Selbst-eigener Zustand des Wesens

Arthur Schopenhauer: “Wie nun also der Intellekt physiologisch, mithin in der empirischen Realität, d. i. in der Erscheinung als ein Sekundäres, ein Resultat des Lebensprozesses auftritt; so ist er auch psychologisch sekundär im Gegensatz des Willens, der allein das Primäre und überall das Ursprüngliche ist. Ist doch sogar der Organismus selbst eigentlich nur der im Gehirne anschaulich und objektiv, mithin in dessen Formen Raum und Zeit sich darstellende Wille. Da also das Bewußtsein nicht unmittelbar dem Willen anhängt, sondern durch den Intellekt und dieser durch den Organismus bedingt ist; so bleibt kein Zweifel, daß durch den Tod das Bewußtsein erlischt – wie ja schon durch den Schlaf und jede Ohnmacht. Aber getrost! Was für ein Bewußtsein ist denn dieses? – Ein zerebrales, ein animales, ein etwas höher potenziertes tierisches, sofern wir es im wesentlichen mit der ganzen Tierreihe gemein haben, wenngleich es in uns seinen Gipfel erreicht.
Dasselbe ist, wie ich genugsam nachgewiesen habe, seinem Zweck und Ursprung nach eine bloße künstliche Vorrichtung der Natur, ein Auskunftsmittel, den tierischen Wesen zu ihrem Bedarf zu verhelfen. Der Zustand hingegen, in welchen uns der Tod zurückversetzt, ist unser ursprünglicher, d.h. ist der selbst-eigene Zustand des Wesens, dessen Urkraft in der Hervorbringung und Unterhaltung des jetzt aufhörenden Lebens sich darstellt.”

So ist hier bereits ausgesprochen, daß der Übersetzer selbst (als Organismus) schon Resultat der Übersetzung ist, insofern kann sich nur eine Form hervorbringen, die selber über dem Materiellen steht, und dies ist das eigentliche Bewußtsein, das viel weiter reicht als die Perzeption dies in explizierter Weise darstellt. Die Selbsthypostasierung des Höheren gebiert dabei Iche, das heißt (perzeptionell geminderte) Entitäten seiner selbst, die sich nicht mehr finden, nicht mehr zusammenfinden zu ihrer Wesenheit als Eines, insofern ist die Überwindung der Distraktion des Lebens immer die Überwindung des Bildes und so des Organums zum Bild, auch der Tod ist hier nur eine unter anderen Arten der Aufhebung dieses trügerischen und weltenbildenden Mechanismus, somit ist er qualitativ (oder physiologisch betrachtet) gleichzustellen mit der perzeptiven Befreiung oder Erweiterung durch andere Vorgänge wie etwa durch Zustände der Trance oder den Gebrauch des Entheogens, nur eben im Sterben mit dem einen Unterschied des Signums der Unwiederbringlichkeit (der aufgehobenen individuellen Sicht). Aus der monistischen Perspektive freilich ist nicht der Blick des Lebenden auf den Toten als Dahingeschiedenen einzunehmen, sondern der Blick des oberen Selbst auf die Weltlichkeit eröffnet vielmehr die Auffassung, daß der Hinterbliebene als ein noch hinterlassener Aspekt des nach Reintegration strebenden ganzen Wahrnehmenden anzusehen ist – daß er der Entwicklung zum Einen und zur echten Ansicht noch nachhinkt – weil er eben noch ‘lebt’.