Das Gute aus sich

Plotin: “Ist nun ein Trachten und eine Betätigung in Richtung auf das Beste gut, so darf das Gute nicht, indem es auf ein anderes hinblickt oder nach einem anderen trachtet, sondern als ein stillestehender Born, als wesensgemäßer Urgrund aller Betätigung, der die anderen Dinge gutgestaltig macht, nicht, indem es auf sie eine Wirkung ausübt – denn jene betätigen sich vielmehr in Richtung auf Es – , nicht also durch wirkende Betätigung und nicht durch das Denken darf es das Gute sein, sondern eben vermöge eines Stillestehens; denn weil es jenseits des Seins ist, ist es auch jenseits der Betätigung und jenseits des Geistes und des Denkens. Man muß ja von einer andern Seite her das Gute ansetzen, von dem alle Dinge abhängen, während es selber von nichts abhängt: so bewahrheitet sich erst die Aussage: ‘ nach welchem alles trachtet.’ So muß es also seinerseits beharren, alle übrigen Dinge aber müssen sich zu ihm hinkehren, so wie die Kreislinie zu ihrem Mittelpunkt, aus welchem alle Radien kommen.”

Wenn der Mensch es dem Einen nachtut, muß er aus sich heraus beharrend und in sich selbst (wie passiv) wirken. Die Wirkung, die nach Außen dringt, verhält sich wie ein Abstrahlen, ein Überfließen, so daß sich das Umgebende um ihn wie um ein Zentrum assoziiert, das Zugewinn verleiht, das die Blickrichtungen auf sich zieht einem Automatismus gleich, aus tiefer, nicht rationalisierter Motivation (nebenbei: hierher stammt das Wort ‘Ansehen haben’). Hingegen: In der Tätigkeit, dem aktiven ‘guten Handeln’ ist auch immer verschiedener Beweggrund äußerer Kausalität, die mit verschiedenerlei Begehr und voraussichtlich defizient behafteter neuer Kausalität verwoben ist. Im Hinzukommen des Anderen zum Guten aber wird nicht äußere Hilfe empfangen, sondern sein Inneres in Bewegung zum Guten und Richtigen versetzt, und nur daher wird eine eigene Hinwendung zum Guten, zum Besseren, zur eigenen Veränderung bewirkt. Man kann auch sagen, der Gute gibt Beispiel und Vorbild, hat positive Attraktion, hat eine anziehende Kraft, die ganz und gar motivationslos schon aus sich heraus nicht anders als positiv zu Wirken in die Lage versetzt ist.