Der introvertierte Denktypus nach C.G.Jung

“Es tendiert in ihm alles zum Verschwinden und zur Verborgenheit.”

“Wenn er auch seine Gedanken in die Welt setzt, so führt er sie nicht ein wie eine besorgte Mutter ihre Kinder, sondern er setzt sie aus und ärgert sich höchstens, wenn sie ihr Fortkommen nicht von selber finden. Sein enormer Mangel an praktischer Fähigkeit oder seine Abneigung gegen Reklame in jeder Hinsicht kommen ihm dabei helfend entgegen.”

“Mit Konkurrenten im eigenen Fach macht er meistens schlechte Erfahrungen, indem er niemals ihre Gunst zu erringen versteht; er gibt ihnen in der Regel sogar zu verstehen, wie überflüssig sie ihm sind. In der Verfolgung seiner Ideen ist er meist hartnäckig, eigensinnig und unbeeinflußbar.”

“Die Arbeit geht ihm schwer von der Hand. Entweder ist er schweigsam, oder er verfällt auf Leute, die ihn nicht verstehen; damit sammelt er sich Beweisstücke für die unergründliche Dummheit der Menschen.”

“Gerne wird er das Opfer ehrgeiziger Frauen, sie seine Kritiklosigkeit dem Objekt gegenüber auszunützen verstehen, oder er entwickelt sich zum misanthropischen Junggesellen mit einem kindlichen Herzen.”

“Das Denken des introvertierten Typus ist positiv und synthetisch in Hinsicht der Entwicklung von Ideen, die sich in steigendem Maße der ewigen Gültigkeit der Urbilder annähern.”

“Für den Fernstehenden scheint er borstig, unnahbar und hochmütig.”


Das Fühlen

“Es sucht stets nach einem in der Wirklichkeit nicht anzutreffenden Bild, das er gewissermaßen zuvor gesehen hat. Er gleitet anscheinend über die Objekte, die seinem Ziel niemals passen, achtlos hinweg. Er strebt nach einer inneren Intensität, zu der die Objekte höchstens einen Anreiz beitragen. Die Tiefe dieses Gefühls läßt sich nur ahnen, aber nicht klar erfassen. Es macht den Menschen still und schwer zugänglich, da es sich vor der Brutalität des Objektes mimosenhaft zurückzieht, um den tiefen Hintergrund des Subjektes zu erfüllen.”

Der Klassiker
“Der Klassiker hat eine langsame Produktionsweise und bringt zuweilen erst relativ spät die reifsten Früchte seines Geistes hervor. Ein nach Wilhelm Ostwald nie fehlendes Kennzeichen des klassischen Typus ist das unbedingte Bedürfnis, der Öffentlichkeit gegenüber frei von Irrtum dazustehen.”

“Auf die Frage nach dem Leser geht er gar nicht ein, da er nach Art des Klassikers für sich selbst schreibt, daß heißt so, daß die Darstellung ihm einwandfrei erscheint, und nicht für andere.”

“Der klassische Typus, dem es selten oder nie glückt, gleichgeartete Seelen an der seinen zu entzünden.”

“Der Introvertierte versteckt seine Persönlichkeit.”

“Er strebt danach, sein Resultat vom Persönlichen möglichst zu befreien und als von jeder persönlichen Beziehung klar unterschieden darzustellen. Seine Inhalte treten daher an die Außenwelt in möglichst abstrahierter und depersonalisierter Form als Resultate langer innerer Arbeit. Damit sind sie aber auch schwer verständlich geworden, weil dem Publikum jegliche Kenntnis der Vorstufe und der Art und Weise, wie der Forscher zu seinem Resultat gelangte, fehlt. Dem Publikum fehlt auch die persönliche Beziehung, weil der Introvertierte sich verschweigt und ihm dadurch seine Persönlichkeit verhüllt.”