Der erdachte Mensch

Plotin: “Wenn wir uns selbst denken, so erblicken wir zweifellos ein denkendes Wesen, oder es wäre nicht wahr daß der Mensch denkend ist. Wenn wir aber wirklich denkend sind, und wenn wir dann uns selbst denken, so denken wir ein Wesen welches gedankenhaft ist. Folglich ist vor diesem unseren Denken ein andres, gleichsam im Ruhezustand. Ferner hat auch das Sein und das Leben Denken; so muß vor diesem unserm Leben und Sein ein anderes Sein und Leben existieren, und dies ist es also, welches dasjenige erblickt, was wirkende Denkkraft ist. Wenn aber die in diesem uns-selbst-Denken wirksamen Kräfte Gedanken sind, so ist das Gedachte unser eigentliches Selbst und jenes ihr Denken gibt nur Abbild davon.”

Analog zum Satz von der Apriorie des Sehens:
Der Mensch als Ergebnis der Denkprozesse ist ein Erdachtes, und was ihn erdacht hat, muß also über ihm sein (als so auch benannter erster Mensch), denn das Gedachte kann nicht Ergebnis des erst dadurch Gebildeten sein, vielmehr handelt es sich um ein (nächst-) höheres Prinzip und Agens oberhalb der raumzeitlichen Bildlichkeit – oberhalb des Erdachten, das nun zugleich das Denken in abgeschwächter Form im Körperhaften repräsentiert. Denken indes scheint dem Menschen auf den Intellekt begrenztes geistiges Tun, ist dabei aber genauer besehen feinstoffliches Tätigsein und Bilden. In diesem Bilden ist die Idee zur Verfestigung dieses Gebildeten, also zur Verstetigung des Denk-Resultates angelegt, und hierzu nun dient der Körper und seine Physiologie der Betrachtungsorganik (letztere ist ja notwendigerweise ebenso zuerst geistig/feinstofflich und bildet die Aprorie zur körperlichen Veräußerung). Das Denken im Körperhaften ist wie schon bemerkt in diesem Radius ‘befangen’, wegen der inneren Kohärenz und dem Hervorgebrachtsein des einen (Niederen) aus dem anderen (Höheren) ist aber die Möglichkeit der Betrachtung über diesen Mangel gegeben, die den Menschen potentiell in die Lage versetzt, (nur auf geistigem Wege) aus diesem Radius hinauszugelangen.