Karl Ballmer, die Zahlen

Der Schriftsteller und Anthroposoph Karl Ballmer hegt ein (für seine Position prinzipiell kontraproduktives) Ressentiment gegen die (neue) Physik, indem er sagt “Es ist unnötig und ein Mißverständnis, daß sich die moderne Physik philosophisch vorkommt.”
Insofern ist er kein “guter Theosoph”, denn :
G. de Purucker (einst Präsident der theosophischen Gesellschaft Amerikas): “Ethische Lehren und Unterweisungen sind so alt wie die Menschheit. Ihr Einfluß auf das menschliche Leben bleibt aber relativ gering, wenn sie, vor allem wie im Abendland,  meist nur in Form ‘autoritärer’ Gebote zum Ausdruck gebracht, und weder philosophisch, noch wissenschaftlich begründet werden.” –
Und Madame Blavatsky:
“Sie (die wir die Meister aus dem Osten nennen können) zeigten uns, daß das Dasein Gottes und die Unsterblichkeit des Menschengeistes wie ein Problem des Euklid bewiesen werden könne, wenn Wissenschaft und Religion sich die Hände reichen.”
Ballmer  zieht nun also ein Zitat von einem Physiker namens Arthur March heran und macht das seiner Meinung nach Unphilosophische der Naturwissenschaft ausgerechnet an der Zahl fest : “Der Physiker entkleidet die uns umgebende farbige und tönende Welt, bis von ihr nichts mehr übrigbleibt als ein kahles Gerippe von Zeigerablesungen….Er will die Natur nicht ergründen, er vermisst sie nur. ..Die Zahl ist für ihn der Weisheit letzter Schluß.”
Ballmer: “Diese Selbsterkenntnis eines maßgeblichen Physiktheoretikers (A. March) veranlasst mich zu dem Schluß: Wenn Physik und Psychologie zusammenkommen, kann sich die Psychologie die Zahl zum psychologischen Problem werden lassen. -C.G. Jung: ‘Ein Mathematiker sagte einmal, daß alles in der Wissenschaft von Menschen gemacht sei, die Zahlen aber seien von Gott selber geschaffen.’ (ERANOS Jahrbuch 1946)”

Zur besonderen philosophischen Relevanz der Zahl (Jung hat diese erkannt), zur  Ergründung eines Überganges zum Räumlichen aus einer tieferen -nicht diskreten-Ordnung  drei in diesem Blog bereits besprochene Anschlüsse:
-Sloterdijk:  Anhand der Mathematik spricht er von logischen Entdeckungen von einem ungeheuer kristallinen Härtegrad” und von einer “Einwanderung von Wahrheit aus einer unbekannten Sphäre in die Menschenwelt.”
-Volkmann Schluck “Plotin als Interpret der Ontologie Platos”: “Die mathematische Erfahrungsweise des Seienden als der unkörperlichen Gestalt ist nicht von der Art eines somatischen Wirkungsverhältnisses, in dem die Sinnesdinge zueinander und zur Wahrnehmung stehen. Das Denken der Seele, die Dianoia, erfaßt die unveränderlichen aus dem realen Wirkungszusammenhang herausgelösten “Anblicke” des Seiendes selbst.”
So bilden auch die Körper (nach Volkmann Schluck) Zahlen, da sie aus anzahlhaft bestimmten Mischungsverhältnissen ihrer Elemente bestehen, die ihrerseits wieder durch Anzahlen bestimmt sind. Diese Bestimmungen können allerdings erst durch die unterscheidenede Tätigkeit perzipierender Bewußtseine zu entsprechender “Welt” bzw. Existenz aufgefaßt werden. Und wieder den Bogen zu C.G. Jung: ” Raum und Zeit gehen als hypostasierte Begriffe erst aus der diskriminierenden Tätigkeit des Bewußtseins hervor.”
Pythagoras “…aus der Monade und der unbegrenzten Dyade aber kämen Zahlen, aus den Zahlen die Punkte, aus diesen die Linien, aus denen die Flächenfiguren entstünden, aus den Flächen aber die festen Gebilde, aus diesen die sinnlich wahrnehmbaren Körper, deren Elemente vier an der Zahl seine: Feuer, Wasser, Erde, Luft.”(C. Riedweg)