Psychische Welt

C.G. Jung: “Wir denken theoretisch viel zu wenig und praktisch sozusagen nie daran, daß das Bewußtsein überhaupt in keiner direkten Beziehung zu irgendwelchen materiellen Objekten steht. Wir nehmen nur Bilder wahr, die uns indirekt durch einen komplizierten Apparat vermittelt sind. Zwischen die Nervenenden der Sinnesorgane und das dem Bewußtsein erscheinende Bild ist ein unbewußter Prozeß eingeschaltet, der die physische Tatsache eines Lichtes zum Beispiel in das psychische Bild ‘Licht’ verwandelt. Ohne diesen komplizierten und uns unbewußten Verwandlungsprozeß kann das Bewußtsein überhaupt nichts Materielles wahrnehmen.
Die Folge davon ist, daß die unmittelbar erscheinende Wirklichkeit aus sorgfältig zubereiteten Bildern besteht und daß wir mithin unmittelbar nur in einer Bilderwelt leben. Um die wirkliche Natur der materiellen Dinge auch nur annähernd festzustellen, bedürfen wir der komplizierten Apparate und Methoden der Physik und der Chemie. Diese Wissenschaften sind eigentlich Hilfsmittel, die den menschlichen Geist befähigen sollen, ein wenig hinter den trügerischen Schleier der Bilderwelt in eine nichtpsychische Wirklichkeit zu sehen.”

Im Prinzip proklamiert hier C.G. Jung ein Bild des Immaterialismus -oder besser: des Übermaterialismus. Die Perzeption des Menschen kann keine Auskunft über das wahre Gesicht der Welt geben (etwa des Dinges an Sich), so bedarf sie der technischen Erweiterung durch allerhand Apparatur, die Umgebung, Existentes auf anderer Welle und Frequenz aufzeichnen kann. Da der Mensch dieser Ansicht aber eben perzeptionell nicht folgen kann, muß er dessen Ergebnisse eben wiederum herabbrechen zu einem Modell der Sichtbarkeit. Die erweiterte Sicht bleibt nun eine Vorgestellte – in dem Sinne, daß eine übergeordnete Summe an Wahrnehmung sein muß, die genauere Auskunft über das Weltwesen zu geben hat. Diese bleibt dem Auge verborgen. Die Frage wäre hier aber, ob so noch ‘Welt’ wäre in unserem Sinn (im Sinne des Wortes!), denn Welt außerhalb unserer Sinne ist nicht Welt in unserer üblichen Bedeutung. Die Ansicht hierzu ist vage und zeigt ins Unbegrenzte, gibt keine echte Kenntnis über das Wesen der Existenz.
Sollte die erweiterte Realität aber wahrnehmbar und erfahrbar werden, muß die eigene Perzeption alle Beschränkungen überkommen, dies zudem in einer intersubjektiven Erweiterung aller gewohnten Einengung, nun unter Einschluß aller – also auch technischer – Wahrnehmungsaspekte, die nun visuelle Bestätigung und Integration erfahren, allerdings meinte diese Visualität eine Sichtbarwerdung in der Umfassung eines höheren Bewußtseinszustandes, der die reine Sinnesperzeption selbst transzendieren muß.

Und ein Wort zum Bewußtsein: Versteht man es als allumfassend, dann nimmt es nicht nur Bilder wahr, sondern es erschafft sie eben aus einer geistigen Anlage. So schafft die Seele Welt. Diese Welt ist in ihrer Materialität als eine psychische zu benennen.
Und zum Zweiten: Wie uns Heisenberg lehrte, läßt sich auch die technisch beobachtbare Welt nicht einfach als nichtpsychisch beschreiben, da die Intention zu ihrer Untersuchung bereits als ein Meßfaktor zu betrachten ist. Der Mensch tritt somit vereinfachend gesagt nie aus der Welt heraus um sie von Außen zu betrachten, da er sie als Akteur selber ständig schafft, sie immerfort sein eigenes Produkt darstellt.