Erziehung

Fichte:
“… müßte die Erziehung, jedem einzelnen nach seiner Weise, folgegemäß zu immer größerer Stärke in der Selbstüberwindung, und Selbstbeherrschung, emporhelfen; und so wird allmählich Festigkeit, und Selbstständigkeit entstehen, durch deren Erzeugung die Erziehung sich selbst abschließt, und für die Zukunft aufhebt. Durch eignes Tun und Handeln schließt sich uns am klärsten der Umfang der sittlichen Welt auf, und wem sie also aufgegangen ist, dem ist sie wahrhaftig aufgegangen. Ein solcher weiß nun selbst, was in ihr erhalten ist, und bedarf keines fremden Zeugnisses mehr über sich, sondern vermag es, selbst ein richtiges Gericht über sich zu halten, und ist von nun an mündig.”

Dies muß aber ebenso gerade im erweiterten Sinn in eine Bedeutung für einen lebenslangen Prozeß überführt werden. Tatsächlich ist die Persönlichkeitsbildung zu keinem Lebenspunkt abgeschlossen, denn ihr Ziel liegt außer-und überhalb des biographischen Radius und erfordert so kontinuierliche – ja stetig zu steigernde – Arbeit durch Reflexion und Selbsterörterung in Hinsicht auf Stand und Entwicklungsmöglichkeit. Hierzu sind wachsende Disziplin und Selbstorganisation (und Opfer) vonnöten, die immer tiefer zur Seelen-Autarkie und innerer Bereinigung und Freiheitlichkeit gereichen. Im weiteren führt solche Praxis und Stetigkeit zur Hebung der energetischen Disposition, ja zur inneren Entflammung der latent vorhandenen energetischen Potenz. Zumeist ist diese eben biographisch und lebenspraktisch überlagert oder verschüttet, dies bereits durch Erziehung und falsche Rahmenbildung- gar so weit, daß in einem Entfremdungsprozeß die Möglichkeit zur Hebung gar nicht erachtet, nicht einmal bekannt und erwünscht ist.
Don Juan Matus sagt:” Wir sind Menschen, und es ist unser Schiksal, zu lernen und uns in die unvorstellbaren neuen Welten schleudern zu lassen.”
Solche Dynamik, dem abendländisch-christlichen Denken weitgehend fremd, stellt dabei den eigentlichen menschlichen Inkarnationsauftrag dar: Die physiologische und psychische Ruheposition soll zuletzt so zu betrachten sein, daß sie Mittel zum Zwecke aller biologischen Mechanismen ist, die wiederum ihren Sinn darin finden, den Geist zu entwickeln. Der Geist (mens) indes soll spirituell werden, Seelenqualität vom Hohen annehmen.

C. G. Jung sagt: ” Am Übergang aus der biologischen Sphäre in die Kultursphäre scheitern nicht wenige. Unsere Kollektiverziehung hat für diesen Übergang so gut wie gar nicht vorgesorgt. So sehr für die Jugenderziehung besorgt ist, so wenig denkt sie an die Erziehung des erwachsenen Menschen, von dem – man weiß nicht, mit welchem Recht – immer vorausgesetzt wird, er habe keine Erziehung mehr nötig.”